Samstag, 1. September 2012

Zwischenkirche&pornO


Die einzigartige Tufflandschaft Kappadokiens mit ihren märchenhaft-bizarren Felsformationen, die von Zuckerhüten bis Phalli reichen und sowohl die Lust auf Feuerzangbowle als auch auf Sex anregen, sollte eins meiner Must-See-Traum-Ziele werden. Dass hier auch ganze unterirdische Städte mit einem verwirrenden Gängesystem Tausenden von Christen monatelangen Unterschlupf boten, habe ich erst vor Ort mitbekommen. Eine faszinierende Welt, in der es sich lohnt tagelang herum zu streunern und von der ich sage... drei Tage waren echt zu wenig.

Göreme vom Campingplatz aus  - geeeeil
Nachdem wir hier den ersten Vormittag mit Staub-fressen, Darm-pflege und Seele-ordnen auf dem Camping verbracht haben, stürzen wir uns nachmittags auf die erste Touristenattraktion: das Göreme-Museum. Den touristischen HotSpot mit seinen in Tuff gehauenen und ausgehöhlten Kirchen und Kapellen, durchstreifen wir etwas quälend, da wir sowohl mit der Hitze als auch mit der Darmgeschichte kämpfen. Die Masse an Highlights auf kleinem Raum hat es zwar zum Weltkulturerbe gebracht, überfordert aber einfache Menschen wie mich maßlos. Ich denke an ein Restaurant mit seitenweiser Auswahl, was mir mehr Qualen als Freude bereitet. 

Die erste Kirche haben wir auf dem Weg zum Museum für ein fettes Eintrittsgeld bestaunt und sie hat mich wegen ihrer Fremdartigkeit noch fasziniert. Ich frage mich zwar ob ich für den minimalistischen Blick auf sechs qm Fläche mit abbröckelnden Fresken gezahlt habe oder dafür, das mich der Kirchwärter permanent mit einem heiligen Flügelwesen vergleicht, mir dabei mit seinem vom Ramadan gebeutelten Mundgeruch sein Lachen entgegen schleudert und mich dabei unheilig an den Flügeln antatscht. - 

Beeindruckt hat mich diese Kirche aber dennoch. Gebaut für ein unbekanntes Fabelwesen, eingebettet in eine Landschaft, die surreal und phantstisch Michal Endes Film „Die unendliche Geschichte“ als Drehort gedient haben kann, stelle ich mir kleine Zwergen und Feenwesen vor, die in diesen unterschiedlichen Zuckerhüten ihre geistigen Zusammenkünfte abhalten. Die Idee gefällt mir, und so lass ich mich auf die Vorstellung nur gerne ein. An eine Kirche erinnert nur der innere aus dem Fels rausgehauene Grundriss im Bonsaiformat, und die Wandmalereien.

 
Und dann im Gegenzug dazu streunen wir mit dem Gefühl der Übersättigung wie bei einem All-U-Can-Eat-Buffet durch das Museum, quälen uns in der Affenhitze von Apfel-Kirche zu Schlangen-Kirche, dürfen hier nicht fotografieren und dort nicht berühren und zu Trinken zu kaufen gibt’s auch nix. Ich freue mich als ich endlich eine geistige Eselsbrücke in die Heimat ziehen kann, so wie man sich nach langer Zeit in Drittweltländern über das goldene M freuen kann. (Man vermisst die ganze Zeit über nicht und muss dann trotzdem lächeln, weil man es doch so gut kennt.) Ich lese, dass der abgebildete Onuphrius der Schutzpatron der Stadt München ist und der, weil als wunderschöne Frau zu liebestoll, in einen hässlichen Mann verwandelt wurde. Na das ist doch mal was Handfestes für mein hitzegebeuteltes Gehirn. Foto verboten und außerdem schließt das Museum jetzt. So isses. Ich fühle mich wie im Arbeitsalltag, wenn ich meine gehasst-geliebten To-Do-Listen abhake und es dann endlich Zeit fürs Bett ist. Zwangsentspannt.

Höhlenwohnung für ein Foto lang mein heim ;-)
untrerirdiche Stadt
Wie locker begegnet mir da der nächste Tag. Ich ziehe mit Kamera zum Frühspaziergang auf den nächsten Berg, frühstücke, packe danach gemütlich meine Koffer ab und fahre Richtung Derinkuyu. Stefan ist nicht interessiert und widmet sich lieber seinem Laptopproblem. So kann ich frei von jeglicher Fremdbestimmung (die Busladungen Japaner hab ich ausgeblendet, die fremdbestimmen hier leider jeden Touristenort) losfahren und ich genieße jede einzelne Minute des Allen-seins. Ich schlender durch die unterirdische Stadt und bin begeistert davon, dass hier monatelang ein völlig isoliertes aber vollwertiges Leben einer ganzen Bevölkerung stattgefunden hat. Auf acht Stockwerken wie riesige Tiefgaragen gibt es vom Stall und Partyraum über Bibliothek, Küche und Kirche alles, was zum Überleben notwendig war. Getoppt wird alles von einem ausgeklüngelten Belüftungssystem, was sogar in der tiefstn Kammer für frische Luft sorgt und einem Geheimgang zur Nachbarstadt. Wow! Wen beeindruckt da noch Burj Khalifa in Dubai.



Anschließend fahre ich kleine Straßen über Hochplateaus, die sich dann unvermutet in Canyons herabwinden, vorbei an Aprikosenplantagen, von denen ich mächtig mopse, hin zu einer weiteren Kirche. Bei der lande ich zufällig und die steht in einem atemberaubenden Felssystem mit kleinem Garten, durch dass ich herrlich kraxeln kann und was mich ein bisschen an meine AlpenKletterFreunde erinnert.
Abends treffe ich auf einen glücklichen Stefan, weil sein Lappi läuft. Und zur Feier des Tages hat er den Tisch schon mit KartoffelMöhrenSchonkost gedeckt, was nicht nur meinen Darm entzückt sondern vor allem auch den Campingplatzbesitzer. Seit dem gilt Stefan bei ihm als Traummann.
Schade nur, dass ich aus Vernunft jetzt auf mein Effes verzichte. Nach so einem Tag gehört es auf den Tisch – aber leider zz nicht in meine Darm.

Tags darauf ziehen Stefan und ich gemeinsam aber etwas orientierungslos los, weil wir die geplante Wanderung wegen den Temparaturen kurzfristig abgeblasen haben. Und hier kommen zum erstenmal recht deutlich unterschiedliche Interessen durch. Währen ich lieber zu Fuß unterwegs wäre, weil ich Bewegung brauche, bevorzugt Stefan das Moped, weil der Fahrtwind dann kühlt. Ein verzweifelter Versuch daraus ein Endurowandern zu machen (Kompromisse sind einfach Scheiße!), führt nach Stefans Plan in gepflasterte engen Sackgassen und bei meinem Vorfahrversuch zwar zu ein paar netten Bildern, aber auch nur zu einer nahegelegenen Baustelle. Wir sind beide genervt. 


Wir einigen uns auf ein paar touristische Attraktionen, was aber auch nicht so leicht fällt. Den nächsten skurrilen Berg mit in Stein geformten Fabelwesen durchstreife ich, während Stefan von unten sein Fotoequipment auspackt. Beim nächsten Ort möchte ich direkt wieder auf den Gipfel und Stefan in den Schatten. Einig sind wir nur darüber, dass die Japaner zu dominant und die Preise zu hoch sind. Aber wir trennen uns trotzdem für den Tag und ich atme durch.

Es folgt ein selbstbestimmter Versuch eine kleine Schlucht zu durchwandern, der allerdings in der Mitte derselbigen schlagartig endet, weil ich auf einmal merke, das mein Mopedschlüssel noch auf er Kiste steckt. F***  Und das auf dem ersten Parkplatz seit der Reise, auf dem ich ein wirklich schlechtes Gefühl hatte, weil ein junger Bursche an einzelnen Autotüren probierte, ob sie offen sind.-heute scheint ja alles schief zu gehen. Leute! So schnell kann man rennen. Über Leitern, durch dunkle Felsspalte, Felsbrocken runter, an Dornenbüschen vorbei, über den nächsten Hügel. Ich fliege, ich schwitze, ich stolpere. 15 Minuten - ein Viertel der Zeit des Hinwegs und der Schlüssel steckte noch.UFF!

Nochmal will ich nicht losgehen, mir reichts an Fehlversuchen und dann weiß ich was mir eigentlch noch fehlt. Porno! 
Kirchen, Fabelwesen, Schluchten, aber die Pimmel hab ich noch nicht gesehen. 
Also Gas auf und los.
Love-Valley...
Nicht weit hinter dem Ort geht eine Sandpiste ab, über die es sich aber ganz gut fahren lässt, und nach einigen Kilometern reißt die Ebene wie ein canyonmäßiges Tal auf und dutzende von monströsen Lustobjekten zeigen den Weg gen Himmel. Wer bei dem Anblick nicht auf erotische Gedanken kommt, dem kann nicht geholfen werden, den bemitleide ich um sein asexuelles Dasein. Ich lustwandel herum, schieße Fotos und muss wohl nicht erwähnen, das ich es mir nicht verkneifen kann, ein MMS an meinen Süßen zu schicken. Ganz ohne Kommentar.

... und die Bar mit Blick auf die Zeichen der Liebe
  Wie es der Zufall will, steht am Rand des Schlucht eine Bar, betrieben von einem blauäugigen, blonden Mittdreißiger... (im Film käme jetzt romantische Hintergrundmusik) Es scheint ihn nicht zu stören, dass ich verstaubt, verdreckt, stinkend und mit weißen Schweißrändern am Hemd vom Moped gestiegen bin. Ein durchdringender Blick aus seinen sanften Augen zeigt, ein verwegenes Lächeln und ich weiß: hier sollte ich heute noch landen. Mit seinen muskulösen braungebrannten Armen, die seine T-Shirt Ärmel spannen lassen, presst er mir einen frischen O-Saft. Ich scheiß auf die Darmflora. Wir flachsen rum, machen Fotos und unterhalten uns lange über die Liebe und über das Leben. Die Sonne taucht die Kulisse in rötlichen Kitsch, mein Moped zeichnet sich als Sillhouette gegen den Sonnenuntergang ab und im Tal unter uns geizen die Ständer nicht mit Botschaften der Liebe. Er legt eine eine CD mit kurdischer Chill-out-Musik auf, so dass ganze Luft nur noch von der untergehenden Sonne und den leichten Tönen erfüllt ist und wir... nd später...

Hey – so wars wirklich! Und so laufen Groschen-Liebesromane! Ich hab nur den Bus mit den Japanern weggelassen, die ich sogar bitten musste den Motor auszuschalten, damit es nicht so laut ist. Und die italienische Mountainbikegruppe, die Fotos von mir und meinem Drecksbike gemacht haben. Und die Busfahrer, die mir in epischer Breite den Weg nach Nemrud erklärt haben und mir Türkeikarte Nr 5 geschenkt haben.
... später, hab ich ganz unromantisch einfach zwei CDs gekauft habe, er hat mich abends mit Stefan zum Barbeque eingeladen hat und ich bin gefahren.
Trotzdem – ein Ort der Wonne und des Friedens, der Entschleunigung und der Liebe. Ein Ort, den ich jederzeit und jeder Kirche vorziehen würde.

Und so ziehen jeden Morgen ab 6 Uhr die Ballons -gefüllt mit Touristen, deren Geld zu locker sitzt- über das romantische Kappdokien und brüllen einen mit ihren dumpfen Gasstößen aus dem Schlaf, weil sie direkt neben unserem Campingplatz startetn. Ich brauchte drei Morgen, ehe ich ohne Hassgefühle aufstehen und Fotos machen konnte.

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