Die einzigartige
Tufflandschaft Kappadokiens mit ihren märchenhaft-bizarren
Felsformationen, die von Zuckerhüten bis Phalli reichen und sowohl
die Lust auf Feuerzangbowle als auch auf Sex anregen, sollte eins
meiner Must-See-Traum-Ziele werden. Dass hier auch ganze
unterirdische Städte mit einem verwirrenden Gängesystem Tausenden
von Christen monatelangen Unterschlupf boten, habe ich erst vor Ort
mitbekommen. Eine faszinierende Welt, in der es sich lohnt tagelang
herum zu streunern und von der ich sage... drei Tage waren echt zu
wenig.
Göreme vom Campingplatz aus - geeeeil |
Nachdem wir hier den
ersten Vormittag mit Staub-fressen, Darm-pflege und Seele-ordnen auf dem
Camping verbracht haben, stürzen wir uns nachmittags auf die erste
Touristenattraktion: das Göreme-Museum. Den touristischen HotSpot
mit seinen in Tuff gehauenen und ausgehöhlten Kirchen und Kapellen,
durchstreifen wir etwas quälend, da wir sowohl mit der Hitze als
auch mit der Darmgeschichte kämpfen. Die Masse an Highlights auf
kleinem Raum hat es zwar zum Weltkulturerbe gebracht, überfordert
aber einfache Menschen wie mich maßlos. Ich denke an ein Restaurant
mit seitenweiser Auswahl, was mir mehr Qualen als Freude bereitet.
Die erste Kirche haben
wir auf dem Weg zum Museum für ein fettes Eintrittsgeld bestaunt und
sie hat mich wegen ihrer Fremdartigkeit noch fasziniert. Ich frage
mich zwar ob ich für den minimalistischen Blick auf sechs qm Fläche
mit abbröckelnden Fresken gezahlt habe oder dafür, das mich der
Kirchwärter permanent mit einem heiligen Flügelwesen vergleicht,
mir dabei mit seinem vom Ramadan gebeutelten Mundgeruch sein Lachen
entgegen schleudert und mich dabei unheilig an den Flügeln
antatscht. -
Beeindruckt hat mich diese Kirche aber dennoch. Gebaut
für ein unbekanntes Fabelwesen, eingebettet in eine Landschaft, die
surreal und phantstisch Michal Endes Film „Die unendliche
Geschichte“ als Drehort gedient haben kann, stelle ich mir kleine
Zwergen und Feenwesen vor, die in diesen unterschiedlichen
Zuckerhüten ihre geistigen Zusammenkünfte abhalten. Die Idee
gefällt mir, und so lass ich mich auf die Vorstellung nur gerne ein.
An eine Kirche erinnert nur der innere aus dem Fels rausgehauene
Grundriss im Bonsaiformat, und die Wandmalereien.
Und dann im Gegenzug dazu
streunen wir mit dem Gefühl der Übersättigung wie bei einem
All-U-Can-Eat-Buffet durch das Museum, quälen uns in der Affenhitze
von Apfel-Kirche zu Schlangen-Kirche, dürfen hier nicht
fotografieren und dort nicht berühren und zu Trinken zu kaufen
gibt’s auch nix. Ich freue mich als ich endlich eine geistige
Eselsbrücke in die Heimat ziehen kann, so wie man sich nach langer
Zeit in Drittweltländern über das goldene M freuen kann. (Man
vermisst die ganze Zeit über nicht und muss dann trotzdem lächeln,
weil man es doch so gut kennt.) Ich lese, dass der abgebildete
Onuphrius der Schutzpatron der Stadt München ist und der, weil als
wunderschöne Frau zu liebestoll, in einen hässlichen Mann
verwandelt wurde. Na das ist doch mal was Handfestes für mein
hitzegebeuteltes Gehirn. Foto verboten und außerdem schließt das
Museum jetzt. So isses. Ich fühle mich wie im Arbeitsalltag, wenn
ich meine gehasst-geliebten To-Do-Listen abhake und es dann endlich
Zeit fürs Bett ist. Zwangsentspannt.
Höhlenwohnung für ein Foto lang mein heim ;-) |
untrerirdiche Stadt |
Wie locker begegnet mir
da der nächste Tag. Ich ziehe mit Kamera zum Frühspaziergang auf
den nächsten Berg, frühstücke, packe danach gemütlich meine
Koffer ab und fahre Richtung Derinkuyu. Stefan ist nicht interessiert
und widmet sich lieber seinem Laptopproblem. So kann ich frei von
jeglicher Fremdbestimmung (die Busladungen Japaner hab ich
ausgeblendet, die fremdbestimmen hier leider jeden Touristenort)
losfahren und ich genieße jede einzelne Minute des Allen-seins. Ich schlender durch die unterirdische Stadt und bin begeistert davon, dass
hier monatelang ein völlig isoliertes aber vollwertiges Leben einer
ganzen Bevölkerung stattgefunden hat. Auf acht Stockwerken wie
riesige Tiefgaragen gibt es vom Stall und Partyraum über Bibliothek,
Küche und Kirche alles, was zum Überleben notwendig war. Getoppt wird alles von einem ausgeklüngelten Belüftungssystem, was sogar in der tiefstn Kammer für frische Luft sorgt und einem
Geheimgang zur Nachbarstadt. Wow! Wen beeindruckt da noch Burj Khalifa
in Dubai.
Anschließend fahre ich
kleine Straßen über Hochplateaus, die sich dann unvermutet in
Canyons herabwinden, vorbei an Aprikosenplantagen, von denen ich
mächtig mopse, hin zu einer weiteren Kirche. Bei der lande ich
zufällig und die steht in einem atemberaubenden Felssystem mit
kleinem Garten, durch dass ich herrlich kraxeln kann und was mich ein
bisschen an meine AlpenKletterFreunde erinnert.
Abends treffe ich auf
einen glücklichen Stefan, weil sein Lappi läuft. Und zur Feier des
Tages hat er den Tisch schon mit KartoffelMöhrenSchonkost gedeckt,
was nicht nur meinen Darm entzückt sondern vor allem auch den
Campingplatzbesitzer. Seit dem gilt Stefan bei ihm als Traummann.
Schade nur, dass ich aus
Vernunft jetzt auf mein Effes verzichte. Nach so einem Tag gehört es
auf den Tisch – aber leider zz nicht in meine Darm.
Tags darauf ziehen Stefan
und ich gemeinsam aber etwas orientierungslos los, weil wir die geplante Wanderung wegen den
Temparaturen kurzfristig abgeblasen haben. Und hier kommen zum
erstenmal recht deutlich unterschiedliche Interessen durch. Währen
ich lieber zu Fuß unterwegs wäre, weil ich Bewegung brauche,
bevorzugt Stefan das Moped, weil der Fahrtwind dann kühlt. Ein
verzweifelter Versuch daraus ein Endurowandern zu machen
(Kompromisse sind einfach Scheiße!), führt nach Stefans Plan in
gepflasterte engen Sackgassen und bei meinem Vorfahrversuch zwar zu
ein paar netten Bildern, aber auch nur zu einer nahegelegenen Baustelle. Wir sind beide genervt.
Wir einigen uns auf
ein paar touristische Attraktionen, was aber auch nicht so leicht
fällt. Den nächsten skurrilen Berg mit in Stein geformten
Fabelwesen durchstreife ich, während Stefan von unten sein
Fotoequipment auspackt. Beim nächsten Ort möchte ich direkt wieder
auf den Gipfel und Stefan in den Schatten. Einig sind wir nur
darüber, dass die Japaner zu dominant und die Preise zu hoch sind.
Aber wir trennen uns trotzdem für den Tag und ich atme durch.
Es folgt ein
selbstbestimmter Versuch eine kleine Schlucht zu durchwandern, der
allerdings in der Mitte derselbigen schlagartig endet, weil ich auf
einmal merke, das mein Mopedschlüssel noch auf er Kiste steckt. F*** Und das auf dem ersten
Parkplatz seit der Reise, auf dem ich ein wirklich schlechtes Gefühl
hatte, weil ein junger Bursche an einzelnen Autotüren probierte, ob
sie offen sind.-heute scheint ja alles schief zu gehen. Leute! So schnell kann man rennen. Über Leitern,
durch dunkle Felsspalte, Felsbrocken runter, an Dornenbüschen
vorbei, über den nächsten Hügel. Ich fliege, ich schwitze, ich
stolpere. 15 Minuten - ein Viertel der Zeit des Hinwegs und der Schlüssel
steckte noch.UFF!
Nochmal will ich nicht
losgehen, mir reichts an Fehlversuchen und dann weiß ich was mir eigentlch noch
fehlt. Porno!
Kirchen, Fabelwesen, Schluchten, aber die Pimmel
hab ich noch nicht gesehen.
Also Gas auf und los.
Love-Valley... |
Nicht weit hinter dem Ort
geht eine Sandpiste ab, über die es sich aber ganz gut fahren lässt,
und nach einigen Kilometern reißt die Ebene wie ein canyonmäßiges
Tal auf und dutzende von monströsen Lustobjekten zeigen den Weg gen
Himmel. Wer bei dem Anblick nicht auf erotische Gedanken kommt, dem
kann nicht geholfen werden, den bemitleide ich um sein asexuelles
Dasein. Ich lustwandel herum, schieße Fotos und muss wohl nicht
erwähnen, das ich es mir nicht verkneifen kann, ein MMS an meinen
Süßen zu schicken. Ganz ohne Kommentar.
... und die Bar mit Blick auf die Zeichen der Liebe |
Wie es der Zufall will,
steht am Rand des Schlucht eine Bar, betrieben von einem blauäugigen,
blonden Mittdreißiger... (im Film käme jetzt romantische Hintergrundmusik) Es scheint
ihn nicht zu stören, dass ich verstaubt, verdreckt, stinkend und mit
weißen Schweißrändern am Hemd vom Moped gestiegen bin. Ein
durchdringender Blick aus seinen sanften Augen zeigt, ein verwegenes
Lächeln und ich weiß: hier sollte ich heute noch landen. Mit seinen
muskulösen braungebrannten Armen, die seine T-Shirt Ärmel spannen
lassen, presst er mir einen frischen O-Saft. Ich scheiß auf die Darmflora. Wir flachsen rum, machen
Fotos und unterhalten uns lange über die Liebe und über das Leben. Die Sonne taucht die Kulisse in rötlichen
Kitsch, mein Moped zeichnet sich als Sillhouette gegen den
Sonnenuntergang ab und im Tal unter uns geizen die Ständer nicht mit
Botschaften der Liebe. Er legt eine eine CD mit kurdischer Chill-out-Musik auf,
so dass ganze Luft nur noch von der untergehenden Sonne und den leichten Tönen erfüllt ist und wir... nd später...
Hey – so wars wirklich!
Und so laufen Groschen-Liebesromane! Ich hab nur den Bus mit den
Japanern weggelassen, die ich sogar bitten musste den Motor
auszuschalten, damit es nicht so laut ist. Und die italienische
Mountainbikegruppe, die Fotos von mir und meinem Drecksbike gemacht
haben. Und die Busfahrer, die mir in epischer Breite den Weg nach
Nemrud erklärt haben und mir Türkeikarte Nr 5 geschenkt haben.
... später, hab ich ganz
unromantisch einfach zwei CDs gekauft habe, er hat mich abends mit
Stefan zum Barbeque eingeladen hat und ich bin gefahren.
Trotzdem – ein Ort der
Wonne und des Friedens, der Entschleunigung und der Liebe. Ein Ort,
den ich jederzeit und jeder Kirche vorziehen würde.
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