Samstag, 27. Oktober 2012

FischE

Ich habs geliebt, an diesem morgen durch den Hafen zu schlendern und die Menschen zu fotografieren.
Wer brauch bei den Gesichtern und den Farben noch irgendwelche Worte, um eine Stimmung wiederzugeben.











i loved her













in dieser hafenkaschemme hab ich dann abends meinen fisch gegessen. gegrillt, mit reis und fishsauße und fischdipp und nachschlag so viel man wollte plus getränk. für 80 cent



DerzweiteblicK

normalerweise MIT wasser: die jogg falls
Wenn der Tag mit dem Wecker um halb sechs beginnt und mit Gewitter aufhört, kann dazwischen...
nein, ich muss ehrlich sein. Ich möchte den Tag jetzt nicht schlechtreden, nur weil ich heute grantiggriesgrämig bin. An solchen Tagen kann bekanntlich die Sonne ihr Bestes geben, die Straßen deutscher Straßenbaukunst entsprechend und das Essen wie von Muttern sein. Irgendwas ist dann immer totalverkehrtundbeschissen.


freunde, die man morgens um sieben braucht
Und die Sonne gab ihr Bestes heute wahrhaftig schon um sieben Uhr. Ich hab die Nacht im Freien verbracht und beschlossen noch vor dem ersten Kaffee -sozusagen als Frühsport- die 760 Stufen zum Wasserbecken der Jogg Falls runter zu laufen. Dass mich dort eine Horde brüllender Jugendlicher empfängt, die mich mit viel zu guter Laune für meine Miesepetrigkeit und ihren Ambitionen auf ein ausgedehntes Fotoshooting mit exotischem Wessi abnerven. hab ich nun wirklich nicht erwartet.
Angekitscht von 5 Tagen Abhängen am recht einsamen Strand und durch eine halbromantische Nacht unter freiem Sternenhimmel mit schimmerndem Viertelmond bin ich wohl in den Romantikmodus abgedriftet. Ich dachte ich allen Ernstes dass um die Uhrzeit an einem Montagmorgen noch kein Inder in die Tiefen der größten Wasserfälle Indiens hinabsteigt und ich einsam und nackig im klaren Wasser eine guten-Morgen-Dusche nehmen kann. OHMANNKIKI!!! Da bin ich im Land mit der zweitgrößten Einwohnerzahl der Welt und zudem eins der dichtbesiedeltesten Länder der Welt und glaube wirklich, ich könnte in einem Touristischen Highlight allein sein.
Und ich hab auch gedacht, dass hier nicht der Müll als Zeugnis der Zivilation den Wegesrand schmückt. SCHWACHSINN!!! Warum sollte auf einmal hier der Natur Respekt gezollt werden, wenn Im ganzen Land Mülltonnen ein Fremdworts zu sein scheint. 


Einzig die ach so verehrten Kühen, denen durch den Stempel der Heiligkeit Achtung entgegengebracht wird, interessieren sich fressenderweise für den Drreck auf der Straße. Aber der Ursprung für schmackhafte Gewürze, für heilende Kräuter, für Blumen als Opfergabe, für lebenswichtigen Sauerstoff, für die Resource der zukünftigen Generation, für Lebensquell... erfährt durch diese Misshandlung lediglich Ignoranz, wenn nicht gar Ablehnung.
Ich steiger mich rein, ooooh, ich könnt noch weiter...
schön wars da unten trotzdem - beim zweiten hinsehen
Ich hab auch gedacht, dass das Wasser klar und kalt ist. WOHERDENN? Menschen und Müll machen aus dem Wasser eine grünlichbraune Brühe, auf dessen Oberfläche sich Öl in bunten Schlieren sammelt, dass man nach einem Bad direkt eingecremt wäre.
Kurz: ich bin genervt und weiß nicht warum. Besser ich geh erstmal frühstücken. Nur 730 Stufen hoch und dann links gibt’s Dosa, daruf freu ich mich.
Beim Aufstieg geb ich mir Mühe keinem ins Gesicht zu sehen, sonst hätte ich als weiteren Frühsport Ins-Gesicht-springen dazugenommen. Ich kann zwar verstehen, dass ich mit meinen schweren Mopedklamotten und der weißen Haut eine außergewöhnliche Erscheinung abgebe, aber heute will ich das nicht gezeigt bekommen!!!

so gut sieh man nur nach 1460 stufen laufen vor dem kaffe aus
„The gras on the other side is always greener“, denke ich, als ich vor dem Chailaden sitze, meinen viel zu dünnen Kaffee in der Hand halte und beobachte, wie in der Bude nebenan knusprig dünne Dosas gebacken werden, während die Dame meine dicken schlabberigen Dosas hilflos, wendet. Mein Glück scheint anzuhalten, meine schlechte Laune bestätigt zu werden. Ist desshalb der Laden nebenan so brechend voll, oder ist dort zufällig ein Betriebsausflug gelandet? Ach, ich lass mir einfach Nachschlag von der grünen Nussauce geben, bestell einen zweiten Kaffee extra strong und verfeiner den mit ner Rolle Kekse.
Geht doch.
Eigentlich ein herrlicher Morgen. Ich muss heut wohl nur zweimal hingucken.

Nach dem gemütlichen Packen, viel ist ja nach ner Nacht unterm Sternenhimmel nicht zu tun, fahre ich dieselbe Stecke zurück. Ja, das war anders geplant, aber ich finde die Straße, die ich suche nicht, alle Schilder sind in „gegen-mich gerichteter“ Kringelschrift und alle Passanten erklären mir den Weg über den National Highway, der angeblich so gut sein soll.
Ich nenne ihn lieber berechenbar: Dort, wo ich in der Ferne Fahrzeuge wie nach einer Schlacht im Kinderzimmer auf dem Straßenteppich wild durcheinander auf der Straße sehe, weiß ich, dass ein spaßiger Hindernisparcour auf mich zukommt. Das passiert durchschnittlich jeden Kilometer. Und diese Löcher haben es in sich. Manchmal fahre ich im 80° Winkel über die Straße, manchmal auf dem unbefestigten Seitenstreifen der Gegenfahrbahn und einige Male bin ich einfach stehen geblieben und hab überlegt, wie ich da wohl rüber komme. Ich setzt mir im Geiste klein Etappenziele zum Überprüfen der Stimmung. Da ich aber möglichst tief in den Süden kommen möchte, fällt jede Überprüfung positiv aus.
Selbstverarschung dient als Stimmungsmacher und das klappt ganz hervorragend.

Murdeshwar muss ich sehen, die angeblich größte Statue der Welt stellt Shiva dar und wurde wohl erst vor zehn Jahren gebaut. Sie überragt imposant die Bäume und ist vom Highway deutlich zu sehen, so dass auch ich merke, dass ich vorbeigefahren bin.

Die Stadt ist wahrlch kein Ashängeschild für gigantische Herrlichkeit, aber der herrliche Tempel liegt direkt am Meer, und ist eingefasst von einer beeindruckend prachtvollen Anlage über der riesiggroß diese wunderschöne Gottheit wacht. Was für ein gigantischer Anblick.
Natürlich bin ich zur Mittagszeit da, lande erst im Tempel im Pilgerstrom und anschießend vor geschlossener Tür vom Turm zu Murdeshwar und geschlossener Tür zu Shivas Innerem.
Bei so viel verschlossenen Türen und ungeschossenen Fotos überlege ich mich selbst zum Besichtigen auszustellen und mit dem Moped vor die monströse Göttlichkeit zu fahren. Eine bewachte Straße führt bis fast dahin. Aber der fotobesessene Inder hat zwar wenig Verständnis für Verkehr oder Umweltschutz, aber fürs Foto machen allemal.
Die Idee fühlt sich gut an und soll meine Laune bessern. Also los.

Aber ich brauch mich gar nicht selbst zu inszenieren.
An meiner BMW stehen wieder mal interessierte Menschen, die gebildet genug sind mich sofort auf Englisch mit Fragen zu überhäufen. Die Englisch sprechende Bevölkerung hat hier massiv nachgelassen. Und wenn es einer die Sprache beherrscht und dazu noch saubere Kleidung und einen gepflegten Haarschnitt trgt, dann sind es Ausflügler aus Banglaore. So auch diese. Wahrscheinlich steht der polierte Mercedes hinter den Bussen. In Kantarka hab ich mehr gesehen als in ganz Indien, konkret: drei. Passend zum gestreiften Poloshirt mit Bügelfalte, wird das I-Pad gezückt und der Rest der Familie in vors Bike in Szene gesetzt. Der Kleine noch dazu. Ach schnell noch ein Bild, schließlich hat er nicht gelächelt. Die Familie ist nett und interessiert, aber mir macht die Hitze zu schaffen und meine Stimmung tendiert heute rein gar nicht zu solchen …..
Potzblitz, was geht hier ab? Um uns stehen Dutzende Menschen. Shiva kann abdanken, hier mach ich das Rennen. Der eine prüft den Reifendruck, der nächste spielt am Gas, ein anderer tätschelt liebevoll den Rest des Schaffells und einer dreht mir tatsächlich den Kölner Dom am Kotflügel gerade. Jetzt, wo ein Sprachführer den Anfang zu mir gemacht hat traut sich auf einmal jedes männliche Wesen, was zwei Beine hat um mich. Der Eisverkäufer lässt seinen Wagen allein, die Parkplatzwächter, Busfahrer, Schuhverwahrer und Besucher sammeln sich um mich, ja sogar die Postkartenverkäufer, die ich mir in kurzer aber heftiger Zeit zu Todfeinden gemacht habe, trauen sich vorsichtig in meine Nähe und lächeln versöhnlich. Ich muss weg - zu Shiva. Das ist nicht nur die Sonne, die mich schwitzen lässt.
ganesh hilf
„I give you my facebookadress, then you can look for the fotos.“
Oh nein! Polohemd will noch Facebookadressen austauschen.
Was interessiert mich...
Ich lächel äußerlich. Hab heute immerhin schon den Postkartenjungs, den Fotojungs, den lieben Tourijungs, die ich für Fotojungs hielt und dem Kellner verbal eins übergebraten; nicht noch diesen wirklich freundlichen Spießbürgern. Und er schreibt schnell.
„Byebye, nice to meet you“, und weg sind sie in ihrem klimatisierten Familienvan. Die haben ein Erlebnis mehr im Herzen sitzen und ich habe hundert Freunden mehr im Weg stehen.
Ein hübscher Kerl hat direkt die Rolle des Sprachrohrs übernommen und stellt ununterbrochen die Fragen, die ich dankbar vermisst habe: „How much cost? How much horsepower? How much petrol?“ Ich könnte die Antworten vorne auf die zerbochene Windschild schreiben, um dieser heute echt nervenden Baggage zu entgehen. Dabei hau ich einem den Ärmel übers Gesicht, aber der lächelt nur und wahrscheinlich wird er die Stelle jetzt nie wieder waschen. Um mein Bein über die Sitzbank zu schwingen, muss ich glatt um Platz bitten. Langsam fühl ich mich echt unwohl, denn überall sind Finger die irgendwas begrapschen müssen. Masse hat Macht, geht mir bei sowas immer durch den Kopf und entsprechend groß ist mein Wunsch zu verschwinden.
Scheiße, ich komm rückwärts nicht aus der Parklücke und vorwärts bin ich zugeparkt.
Hoppla, Sprachrohr versteht meine bittende Aufforderung mich zu schieben und redet dabei unverblümt weiter. Multitaskingtalent. Ich werf den Motor an und es bildet sich eine Gasse in Fahrtrichtung, so dass ich das Gefühl hab, der rote Teppich wird vor mir ausgerollt. Aber die Richtung stimmt nicht, ich hab ja noch das Rendevouz mit Shiva und muss wenden. Was für ein herrlicher Moment: Ich deute mit einer anscheinend magischen Handbewegung meinen Wendekreis an und wie durch eine Choreografie festgelegt schließt sich die Menge vor mir, andere weichen zur Seite und eine neue Gasse bildet sich, durch die ich hocherhobenen Helmes, die Bremshand zu einem lockeren Gruß gereckt durch ein winkendes Spalier fahre.
Gerettet. Ich schau ein zweites Mal hin und plötzlich wird die Situation lustig. Ich kann lächeln.

ha - das pendent zu dem troll in norwegen
Zu Shiva wird mir wie erwartet der Weg versperrt.
„Just for one foto“, scheint die moderne Zauberformel von: „Sesam öffne dich“ zu sein und der Polizist lässt mich relativ schnell und schmiergeldlos passieren.
Oben am Weg warten meine neuen Freunde, eben noch ´Feindbild No2´ nach den Postkartenjungs. Trotzdem schnapp ich mir einen vermeindlich begnadeten Schnappschussprofi dessen Blick sowas wie Intelligenz vermuten lässt und er schafft es tatsächlich nach einigen Instruktionen meinerseits, wenigen Probeversuchen seinerseits und vielen Lachsalven der nicht betroffenen Knipser andereseits mit meiner Kamera ein Bild zu machen, was nicht den Titel `Kiki und seine Freunde`, sondern `Kiki, die Dicke und Shiva` verdient.
Auf den zweiten Blick, hats geklappt.

Ich hasse die Schlaglöcher und überlege zu wenden. Zurück zu meinem ruhigen Strand. Anderrseits ist mein nächstes Stimmungsüberprüfungsziel Udupi und die Landschaft ist herrlich. Kokosnussplantagen, Flussdelta und zur Krönung weißer Strand und Meer begleiten meinen Blick, sobald ich ihn vom Straßenbelag lösen kann. Die Ortschaften bieten von ärmlichen Hütten bis bunten Schmuckbauten alles, was das Auge verkraften kann und das Fahren wird auf den letzten 50 Kilometern sogar entspannend, da die Straße bis auf einige Baustellen richtig gut wird.
Kurz vor Udipi folge ich einem Schild, was wohl eine Abkürzung darstellt, ich holper über Schotter, durchquere Schlammlöcher und Felsbrocken und lande nach einigen Kilometern schlagartig auf einer sechsspurigen Hauptstraße, deren Hektik und Krach mir den Spaß an der Stadt vergehen lässt. In solchen Momenten liebe ich das allein reisen. Keine Moment lasse ich den Frust aufkommen, der mich jetzt wieder zermürben könnte. Ich frage mich durch, drehe und setzte als neues Etappenziel das 5 km entfernte, im Reiseführer zwar erwähnte aber verrissene Malpe. Dieser Ort liegt immerhin am Meer und ich könnte Udupi je nach Lust und Laune am nächsten Tag nochmal ansteuern.
Und wieder ist es der zweite Blick, der diese beschissene Situation letztendlich herrlich werden lässt.
der nächste morgen am hafen
Ein quirliges und lebhaftes Treiben bestimmt die Atmosphäre. Das Städtchen wirkt sehr authentisch, denn auf den Straßen sind fast ausschließlich Männer, kaum einer spricht Englisch und die Hotelpreise sind nicht verhandelbar. Es scheint hier nicht viele Touristen zu geben und die Wenigen steigen vermutlich in dem Luxusresort einen Kilometer weiter außerhalb ab. Ich finde ein preiswertes Hotel, was den Flair von Monteur-Unterkunft hat. Die Jungs schlurfen über den Gang und ein Lächeln oder Grüßen haben sie nicht gelernt. Vor meiner Tür sammeln sich leere Bier und Whiskeyflaschen was sowohl Schlampigkeit beim Personal, als auch verloddert-rohes Treiben bedeuten kann und mein Bike parkt hinter der Bude zwischen Schutt, Müll und anderen Mopeds.
Ich fühl mich wohl und buche mich direkt für zwei Nächte ein und verschwende aber dennoch einen zweiten Gedanken daran, wo mein Pfefferspray steckt.

Die Zweite Nacht ist für den besseren Blick.




Freitag, 19. Oktober 2012

SunrisE

Sunrise-Cafe“ - Strandbuden mit solch vielvesprechend nach Groschenromanen klingenden Namen, sind wie Speisekarten mit Bildern oder bellende Hunde, die nicht beißen. Sie müssen den Triumph als Aushängeschild nutzen, weil sie sonst nichts zu bieten haben. Denke ich, als ich endlich total verschwitzt vor diesem einsamen Cafe am kilometerweitem fast menschenleerem Strand gestrandet bin, zu dem mich das Durchfragen jenseits der Ortsgrenze geführt hat.
Wenn ich in der Lage wäre, mein Gefährt auf zwei Metern unbefestigter Straße zu wenden ohne mich möglicherweise zum Gespött der Passanten zu machen und wenn ich nicht durchgeschwitzt gewesen wegen der Stiefelei mit Mopedklamotten durch den Sand und wen ich nicht schnell eine Unterkunft haben wollte, um den Ort an einemNachmittag abzuhaken, …
... dann wäre ich wahrscheinlich nicht hier, sondern irgenwo im Ort zwischen Tempeln, Backpackerabsteigen und Handycraftläden gelandet und hätte den Ort an einem Tag abgehakt.
Aber jetzt bin ich hier.
„One night, maybe two“, sag ich dem Besitzer, als er mir die Hütte zeigt, die noch die Bewohner der Wintersaison und den Geruch von leerstehenden Kellern aufweist. Ist mir egal. Ich schlaf vor der kleinen Terrasse im Sand. Ich ignoriere das Gestrüpp und den Müll zwischen den welken Bättern auf dem Boden und sehe nur das Meer und höre die Brandung durch die Palmen, die vor der Tür stehen.
Ich hole kurz das wichtigste Gepäck für einen Tag, nachdem ich noch kürzer überlegt habe, ob ich das Bike angeberisch von die Bude durch den Sand quäle. Aber es ist nicht möglich hier zu parken, ohne, das es von der Flut unterspült wird oder im steilen Sandhang im Eingang steht.
Naja, ein Tag.

immerhin mal ein bild von mir, wenn auch nicht erkennbar
Und dann vergeht der Nachmittag ohne, dass ich irgendwas bedeutungsschwangeres gemacht habe.
Hier ist es ruhig. Ich geh schwimemen. Die wenigen Menschen hier sind Dauerauswanderer beim Zeittotschlagen oder einfach beim Leben. Das neuseeländische Päärchen kommt seit Jahren für mehrere Wochen hierher, nachdem sie die Welt gesehen haben, die zwei Briten sind seit der Hippieaera in den 70gern hier. Ich trink Tee und unterhalte mich. Der Kölner Rentner haut hier sein Harz4 durch und der junge Israeli hat beschlossen sich hier niederzulassen. Ich geh schwimmen, bin die einzige im Wasser und die Wellen sind phänomenal. Der Deutsche, der in Indien an einer Schule arbeitet kommt auch immer wieder an diesen Platz und der Brite hängt hier seit Monaten ab. Alle genießen die Ruhe und gehen entsprechend mit ihr um. Es wird geredet und nicht gegröhlt. Es wird nicht gesoffen (ok, hier gibt’s auch nix, aber wer will, hat was im Gepäck), höchstens gekifft.
Wie anders ist hier die Atmosphäre, als im Nachbarstaat Goa. Herrlich
Ok, zwei Tage.

Ich beginne den Morgen mit dem Versuch zu schwimmen. Außer hochkonzentriertes Wellenhüpfen mit lebensrettenden Armwirbeln ist allerdings nichts drin. Die Brandung ist zu heftig und die Unterströmung zieht mich immer wieder weg. Dann hau ich mir doch lieber ein fettes Frühstück rein und erkunde die Umgebung.
Zwei weitere Strände hab ich mir vorgenommen zu erobern, den Cuddel-Beach und den Om-Beach, die durch kleine Klippen voneinander getrennt sind. Eine Stunde Fußweg, sagen die Menschen hier. Mit dem Fotoapparat bewaffnet ziehe ich los und brauche bis in die Nacht.

das war dann am nächsten morgen fotoshooting
„Hey, can I rent you?“, brüllt mir ein langhaariger tiefbrauner Surfer entgegen. Hoppla, ein Dejavue aus Marokko holt mich ein. Derselbe Typ Kerl, dem ich in Agadir nur mit Mühe aus den sexungrigen Klauen entkommen bin. „OMG“ (Oh my god), hab ich die Idylle und den Menschenschlag hier doch falsch eingeschätzt??
„I need your Camera, tomorrow, my photograph is ill, and the waves should be very good. Can you do this?“ Ich bin platt und es dauert keine zwei Sekunden bis ich die vermeindliche Anmache als sympathisch witziges Wortspiel verstehe, weitere zwei Sekunden, bis ich meinen Plan am nächsten Tag abzureisen aufgebe und eine Sekunde um „Yea, no promlem“, zu sagen. Etwas zu schnell, denn er bittet mich um 7.30 am Strand zu sein. „Wieder kein joggen“, geht mit durch den Kopf. Hätte ich mir doch noch eine Sekunde Zeit für die Nachfrage gegeben, aber das kenn ich ja langsam von mir.
Noch ein Tag.

Ich beobachte Kinder beim Spielen im Sand, einen Mann, der mit einer einzigen Schnur versucht zu angeln, Frauen, die meterlanges Holz auf dem Kopf transportieren, einen Mann, der sich nach dem Scheißen die Kimme sauberspült und bin begeistert, welch Ruhe die ganze Szenerie ausstrahlt und mit was für einer sanften Hingabe jede dieser Handlungen vollführt wird.
Der Begriff „Achtsamkeit“ geht mir durch den Kopf und ich muss lachen, weil wir in unserem Kulturkreis Hunderte von Euro für Seminare ausgeben, um zu lernen was hier zwischen Spiel, Scheißerei und harter Arbeit zur Lebensphilosophie gehört.
Ich fotografiere Fischerboote und wunder mich über die Farbenvielfalt, die einem mit Photoshop bearbeitetem Hochglanzprospekt geklaut zu sein scheint. Die Menschen lächeln und reden mit mir. Sie starren nicht stupide und sie wollen auch nichts verkaufen. Einfach so.

Ich fang an auf Goa zu scheißen.
Ich schlender durch das Örtchen und werde gegrüßt, ignoriert, angelächelt. Herrlich. Kein Shop an dem ich vorbeigehe und eine trostlos-resignierte Stimme mir ein „Good morning madam, how are you, have a look into my shop, very cheap“ entgegenleiert. Erst jetzt merk ich, wie sehr mich das angekotzt hat. Ich kaufe ein paar neue FlipFlops ohne um den Preis zu feilschen, weil ich nicht schon vor Betreten des Ladens das Gefühl habe übers Ohr gehauen zu werden.
Entspannend.

Ein paar Stufen geht es zu einem der Tausend Tempel dieses Örtchens hoch und schon vorher verkündet mir ein lächelndes freundliches Gesicht, dass die Aussicht dort oben auf den Strand hervorragend sei. Oben begrüßt mich ein farbig bemalter aber einfacher Tempel auf dessen Umrandung dasselbe lächelnde freundliche Gesicht von eben zwischen Büchern sitzt und für die Abschlussprüfung der Uni lernt, wie er erzählt. 
Und er erzählt über seine Heimatatadt Hampi, deren Großteil vor einem halben Jahr von der Regierung dem Erdboden gleich gemacht wurde, um das Weltkulturerbe zu erhalten. (Zur Erklärung, Hampi ist eine heilige Ruinenstadt, an deren Rand sich illegalrweise eine neue Sieldlung mit Häusern, Hotels und Geschäften gebildet hat.) Seit zehn Jahren war dies von der Regierung wohl angekündigt. Aber wie vieles von der Regierung angekündigt und nicht umgesetzt wird, weiß wohl jeder Bürger in jedem Land zu berichten. Und auf einmal und unverhofft machten die Nägel mit Köpfen und jetzt gibt es neben der historischen Ruinenstadt noch einen modernen Trümerberg.
Und er erzählt von den Elefanten, die dort morgens ein Bad im Fluss nehmen und von dem See, in dem man tauchen kann und von dem Nachbarort, der eh viel netter als Hampi sei und und und … und ich schreib Doro abends, dass wir da auf jeden Fall gemeinsam hinfahren.

Beschwingt ziehe ich weiter, genieße dass ich für drei Kilometer zwei Stunden brauchen darf und genieße noch mehr, dass die Menschen hier anscheinend aus den Herzen heraus freundlich sind, vielleicht, weil sie glücklich sind. 
Etwas weiter den Weg die Klippen entlang, passiere ich eine Badeguft in der halbnackte Männer rumspringen, und lande an einem erneuten Tempel, der auf einem Felsvorsprung trohnt und sich etwas mehr aufplustert. Hier springt einem die Spiritualität direkt ins Gesicht: Wasser kommt aus dem Fels, schlafende oder meditierende (sind das?) Bramahnen liegen davor und im Inneren lernt ein Schüler Verse ohne Stottern abzulesen. Ich stell meine schwere Tasche vor der Tür ab, weil man drinnen eh nie fotografieren darf und sie von Heiligkeit umgeben mit Sicherheit nicht geklaut wird.
„Don´t leave your bag outside...“
HÄ? Der Kerl mit der Truckerkappe und Boxershort hat doch vor einer Minute noch neben dem Tempeleingang gepennt.
„...it disturbes my meditation!“
????
Ich bin sprachlos.
Entschuldige mich mehrfach, um meinem Kopf Zeit zum arbeiten zu geben:
Egal ob im Schlaf oder in der Meditation. Man bekommt in solchen Momenten doch nicht mit, ob jemand eine Tasche abstellt. Warum stört ihn das denn dann?
Und warum entspricht der freundliche Kerl mit roter Baseballkappe, zwei-Wochen-Bart und kräftiger Statur so gar nicht meinem Bild von Mönch in Meditation? Aber schnell denke ich an den turbantragenden bärtigen Segelflieger, der vorgestern am Strand von Arambol vor meiner Nase gelandet ist und ich bin befriedigt in der Unstimmigkeit der Dinge. Lass dich überraschen .
Und das tu ich.
Er erzählt vom Eins-Sein mit dem Kosmos, der Befriedigung in der Meditation und dem Glück an diesem stillen Ort. Er spricht Englisch und nutzt viele Fachbegriffe, die mir fremd sind. Aber ich hänge an seinen Lippen und klebe an seinem Gesicht und kann alles nachvollziehen, weil er beim Sprechen den ganzen Körper intensiv mitbewegt, Arme und Hände zur Untermalung seiner Worte benutzt und sein Gesicht dieses Glück von dem er berichtet ausstrahlt. Unter normalen Umständen könnten diese Bewegungen als schwul interpretiert werden. Aber er gestkuliert so wild und empathisch als würde er beim Sprechen tanzen und allein das macht Freude beim Zuhören, denn er spricht mit mir und tanzt für mich und er spricht über sein glücklichs Dasein.
Er erinnert mich an Javier. Oh my Best-Friend - U would enjoy.
Er erzählt mir weiter, dass der Om-Beach ein heiliger Ort sei und sehr sehr spirituell sei, daher auch der Name, und sich in Neumondnächten viele Menschen dort versammeln um die Energie in sich aufzunehmen und miteinander auszuleben. Oh Gott. Gut das Neumond gestern war, so komm ich um diese Erfahrung herum. Ich habe später zwei weitere Menschen danach gefragt. Der eine sagte: „Das ist ein LSD-Beach, das ist das einzige spirituelle.“ Der nächste sagte: „Das sind alles Spinner, der heißt Om, wegen der Form.“
Wir verabreden uns für 5 pm. Dann möchte er mir in 15 Minuten meditieren beibringen und wenn das nicht klappt, kann ich wenigstens Delfine beobachten, die um die Zeit in die Bucht kommen.
Ist das nett hier.
Dann mach ich mich auf den Weg zum Om Beach.
Ich verlaufe mich in der Mittagshitze auf der Klippe. Aber vom Strand erkenne ich dann, dass durch Baumaßnahmen für neue Unterkünfte der Berg terassenförmig abgetragen wird. Und um verirrte Touristen wie ich davor zu schützen, dass sie in die so entstandenen Schluchten fallen, wird das Gelände mit natürlichem Stacheldraht – das sind aneinandergeflochtene Dornenbüsche, die einen höllische Schmerzen zufügen - dass ich mich nicht wage mit meiner Billigvariante von FlipFlops darüber zu steigen. Also zurück auf den Berg und mein Multituch, was bisher Strandmatten-Kopftuch-Kleid-Vorhang-Schal-Zudecken-Vibrationsschutz-Funktion hatte wird um die weitere Fähigkeit `Sonnenschirm` erweitert.
Der Strand ist hübsch leer und mit einigen Buden versehen, ein potentieller Ort zum Wohlfühlen. Noch sind hier mehr Kühe als Touris und erst als ich eine Gruppe Neuankömlinge mit Trollies über den Sand stampfen sehe, kommt eine Ahnung von der bevorstehenden Neckermann-Saison auf.
Auch auf der nächsten Klippe muss ich nach dem Weg fragen und schlepp mich über die kleine Hochebene, bis ich den sagenumwogenen Om-Bech erreiche.
Goldener Sand, träge Kühe, dezenter Müll und wesentlich mehr Leute. Vor allem Menschen, die in Rudeln auftreten.
Ein Schattenplatz unter Bäumen im Sand lässt mich aufatmen.Ich schließe die Augen, atme tief, versuche zu entspannen, gehe gedanklich die Shakren ab, aber so sehr ich auch in mich reinhorche... keine Spiritualität. Vielleicht mit offenen Augen beim Genießen der natürlichen Schönheit „Aaaaargh!“ Eine Kuh, wahrscheinlich auf LSD kleben geblieben, tranced genau auf mich zu. Ich brüll sie unheilig an. 
drei kühe sie sonne anbetend
Vielleicht will sie auch nur ihren Weg im Schatten fortsetzten. Ich kick ihr asimäßig Sand entgegen. Vollrausch. Mich rettet nur noch das reaktionsschnelle Tuch-um-Körperwickeln und zur Seite rollen. Das Kopfschütteln passiert automatisch. Und eine Minute später roll ich mich fassungslos auf meinen alten Platz zurück, um mich auf ihre Hufabdrücke im Sand zu betten.
ThanxGod. Du bist doch an diesem Ort, hast dich mir nur anders gezeigt.
Als ich auf dem Rückweg in einer Strandbar neues Wasser kaufe und die ersten Russen beim Kampftrinken höre wird mir erst recht klar, dass dies nicht mein Beach werden wird. Göttlichkeit hin oder her.

 Aber um eine lange Geschichte kurz zu machen, ich bin jetzt den vierten Tag hier, will morgen fahren und überlege schon wieder, ob ich noch einen kleinen Tag dranhänge. Was ist nur mit mir los???