Leuchtend grüne
Reisfelder, soweit das Auge reicht, kleine Bambushütten dazwischen,
Ställe mit Nutzvieh wie Esel oder Kühen und vereinzelte
Kokosnusspalmen. Der Blick verzaubert mich morgends, als ich zwischen
einzenen Yogaübungen einen meinen zuckersüßen Kaffee schlürfe.
Ein Ort des Friedens. Das schreit sozusagen nach Durchstreifen und
Eintauche in diese Idylle.
Zackzack ein Frühstück
und los, denn der Regen kommt früh genug – ich rechne um drei Uhr
mit ihm – das Ergebnis einer Amateur-Meteorolgie-Mischkalkulation
aus sieben Tage Bali, der noch leicht zuckenden Hoffnung und
realistischem Blick gen Himmel.
Erste Wolken ziehen auf,
verdammt sind die schnell heute. Ich berechne neu ob ich die Runde
schaffe, wieviel Zeit ich am Tempel oder am Wasserfall hab, aber dann
reicht es mir - komme was wolle, es kommt sowieso anders.
Also auf mit guter Laune
zum Wasserfall, um ohne Kleidung ein freiwilliges Bad zu nehmen bevor
die unfreiwillige Dusche von oben über die Kleidung ergießt.
Aber schon ein Stündchen
später am verwunschnen Tempel im Wald - ich hab noch nicht alle
Tempeldetails im Herzen und auf Digital aufgenommen beginnen die
erste Tropfen zu fallen.
Mist, völlige
Fehlkalkulation; an der Börse hätte ich jetzt einen Crash
verursacht.
Ich muss umdenken: Wenn
ich zurückgehe, häng ich in dem dumpfen Zimmer ab oder muss
Billiard mit Locals spielen und Bier trinken.
Wenn ich hier abwarte
könnte ich... Hmmm... Mmmm... Mmmed??... Meditation???...
Meditation!!!
Warum nicht? Ich bin ja
jetzt geübt...
Vorvorgestern hab ich
energetischen Austausch und Chakraöffnung mit heiligen Steinen
erfahren, so dass ich nach drei Stunden Erstbehandlung mir
tatsächlich eingebildet habe spirituelle Energie zu spüren.
Erschöpft musste ich anschließend erstmal ein Bier trinken – aber
das Gefühl war da.
Vorgestern hab ich mit
Madi nach allen Regeln der Meditation in einem moosüberwachsenen
Tempel in Reisfeldern bei Ubud Gedanken verschwinden lassen und hab
es imerhin einige Minurten geschafft im Duft von Räucherstäbchen,
vor einem Blumenschälchen sitzend und in Anwesenheit Shivas die Welt
um mich vergessen zu können.
Gestern hab ich immerhin
eine Stunde meditativ vor einem Kaffee gesessen, ruhig und gelassen
den Regentropfen zugeschaut und alle fluchenden Gedanken über das
Scheißwetter und dass ich mit dem Moped unteregs bin erleuchtet
beiseite geschoben.
Ja, ich bin bestens
präpariert.
Einen Sarong hab ich
schon verpasst bekommen, die Gebetsecke ist sinnvoll gegen Regen
geschützt, kein Schwein außer dem aufsichtstragenden Mönch ist
hier draußen und nach einer Donation bekomme ich auch ein paar
Räucherstäbchen gespendet.
Ich verstreue den Duft in
der Luft, wie ich abgeguckt habe, versuche mich an Körperhaltung und
notwendigen visuelle Vorstellungen zu erinnern, nehme Energie von
Vater Natur und Mutter Erde auf – oder war das etwa andersrum, und
nehme dann aus dem Augenwinkel wahr, dass der Mönch sich in der
gleichen Haltung neben mich gesetzt hat
Hoppla? Gibt der mir
jetzt Nachhilfe oder Energie?
Egal. Ich schließe die
Augen und die Finger und versuche die Energie zu spüren. Ich hör
nur Regen. Scheißdreck, wie komm ich jetzt trocken nach Hause ...
Stopp: Konzentration auf
den Punkt zwischen den Augen.
Ruhe kehrt ein. Der Regen
prasselt monoton, Stille, Regen??? Der Kackweg war eben schon so
rutschig, da wird wieder alles dreckig, was frisch aus der
Laundary...
Stoopp: Konzentration auf
den Punkt zwischen den Augen.
Ruhe, Frieden, Wärme,
wie die Reisfelder in der Morgensonne, so ist es in mir...
Morgensonne und Mittagregen. Ha!! Gestern hat es auch mittags
begonnen zu regnen und mir geistert das Bild der hübschen lachenden
Mädels unter dem Regenschirm durch den Kopf, knöcheltief im
reißenden Strom der Straßenflusses, während ich in dem
Wellblechwharung vor dem Kaffee auf Sonne gewartet hab – ich muss
schmunzeln...
Stoooopp: Konzentration
auf den Punkt zwischen den Augen.
Ich höre auf den Atem,
das soll helfen... neinstoppstoppstopp, Dewa hat gesagt das soll man
nicht, dann ist das Gehör aktiv und das lenkt ab. Und wer so
zielgenau meine Chakren mit bunten Steinen gepflastert hat, der muss
Recht haben. Stimmt, deshalb irritiert mich auch das Geräusch des
Regens immer wieder. Regen – den Mist hab ich in Deutschland genug
- „what the f´ck´nghell am I doing here?“
Stooohooopp
-hierwirdnichtgeflucht: Konzentration auf den Punkt zwischen den
Augen.
Ich sehe den hellen
Punkt, er vibriert und ich werde ruhig, leise murmelt der Regen mich
in Trance... Regen??? Ich wollte noch auf den Berg und an dieses
Kratersee und dann gibts da noch dieses Dorf...“
Stooohooopp :
Konzentration auf den Punkt zwischen den Augen.
Scheißbali, ich muss
einfach fluchen. Kacke. Und diese Meditation klappt auch nicht. Was
tu ich hier eigentlich? Was nutzen die netten Leute, wenn es täglich
regnet und man nichts unternehmen kann? Ich muss weg! Morgen: Nix
Berg, nix See, nix traditionelles Dorf. Morgen hau ich ab. Ende.
Stopp: Konzentration auf
den Punkt zwischen den Augen.
Was ist das??? Ich werde
wirklich ruhig. Mein Geist bleibt an dem Punkt zwischen den Augen
hängen. Kein Tropfen stört mich mehr, denn ich weiß ja jetzt, dass
ich gehe. Frieden breitet sich aus, ich denke nichts mehr für einen
Moment. Und für noch einem Moment. Dann öffne ich langsam die
Augen, lächel und danke noch einmal Himmel und Erde, wer auch immer
hier Herr der Elemente ist, meine Meditation ist perfekt.
Ich schau mich um und
auch der Mönch ist fertig. Ohne Worte zünden wir uns beide eine
Zigarette an und beginnen langsam zu quatschen.
Es schüttet aus Eimern.
Ich warte einfach, denn
jetzt bin ich ja ruhig.
Eine Stunde Regen
vergeht, während wir über Gott und die Welt reden.
Noch eine Stunde Regen
vergeht, während wir hungrig die Opfergaben der Gläubigen
auffuttern – lecker, Äpfel und Zuckerreis, anschließend gibt’s
ein Nickerchen, wo wir eben noch mededitiert haben. Hach ist das
Leben hier einfach. Ich liebe diese balinesische Gelassenheit in den
Tempeln.
Eine weitere Stunde Regen
vergeht und er läd mich in seine Hütte zum Kaffee ein, wo seine
lustige tätowierte Freundin mit ihrer Mutter wartet.
Eine weiter Stunde Regen
verbringen wir mit unsinnigen Geschichten aus dem Leben und dann,
dann wird der Regen endlich weniger.
Praktisch, denn es ist
fünf Uhr und der Tempel wird geschlossen.
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...und was für welche |
Ich wander gelassen durch
den Regen, spiele doch noch Billiard mit Einheimischen, verliere
lässig haushoch und trinke entspannt Bier. Der Regen hört nicht auf
– aber ich scheiß gelassen drauf. Ich weiß, dass morgen früh die
Sonne scheint, dann heißt es Kaffee trinken, Pferdchen satteln und
tschüss. Moped abgeben, Bus und Fähre und weg. Lombok hat auch
schöne Berge...