Tioman ist ein kleines
kultiviertes Paradies. Nicht überlaufen aber touristich erschlossen
und Air Batang (keiner weiß warum, kurz aber ABC genannt) gleicht
einem gemütlichen Backpackernest mit kleinen noch einheimissch
wirkenden Restos, bunt bepinselten Bars, die wahlweise Reggae oder
Metal spielen, zerfallenen Hütten oder Booten am Wegesrand und einer
Unsumme an Tauchschulen. ABC hat immer noch keine Straßenverbindung
zum Hauptort in der Nachbarbucht und das macht alles noch einen Tic
gemütlicher. Eine Insel mit Bergen und vielen Stränden. Das Wasser
ist kristallklar, die Luft frisch und das Wetter einmalig. Wandern,
Schnorcheln, Tauchen, Relaxen.
Zudem hab ich eine
gemütliche Hütte und eine Gruppe netter Menschen um mich: Colin,
der britische Kanadier, der seit Monaten durch Asien reist, Genevieve
und Kirsten, die britschen Aussteigerinnen, die in KL arbeiten und im
krassen Gegensatz dazu Esa und Marc, zwei finnische Brüder, die nur
eine Woche Urlaub haben und mal eben für ein Paar Tage hierher
geflogen sind. Jede Jeck is anders.
Der erste Abend dient
direkt dazu mich ab Morgen für vier Tage an die Tauchschule zu
ketten, um bloß nicht das Gefühl von Kiki-tut-mal-nix aufkommen zu
lassen und dann genieße ich den ersten Abend mit meinen neuen
Freunden der Reggae-Bar.
Heute kann ich noch
feiern, erst ab übermorgen geht’s ins Meer runter. Die Theorie
mach ich doch mit links.
Denk ich.
Aber die Theorie ist
heftig und wird nach amerikanischem Vorbild in mich geprügelt: Zwei
Videos mit geballten Infos über physikalische Gesetzte, Strömungen,
Equipment und medizinische Probleme, die ich mithilfe von Büchern
verstehen muss, um am Nachmittag die ersten Tests in Englisch zu
bestehen. Mir qualmt der Kopf und ich bin froh, dass anschlieend die
ersten Übungen im Pool den Lernfrust auflockern.
„You need a beer?“,
fangen mich die Norweger ab, als ich ihre Hütte passiere. Was für
eine Frage. Ich hab die kalte Dose ja auch schon im Gepäck, lass
mich aber gern bei ihnen nieder, um mir eine Packung seelische
Aufmunterung für den nächsten Tag einzustecken. Die anderen trudeln
auch wie auf Bestellung ein: Essen gehen, Bier trinken, Loslassen und
Abschalten. Dafür gibts Freunde. Wenn auch nur für drei Tage.
Als ich um Mitternacht in
mein Bett falle, bin ich heilfroh, totmüde und glücklich. Warum nur
zum Teufel ist mein geliebter Schatz jetzt nicht mit dabei? Er hätte
seine Freude an dem kleinen Paradies, den Menschen und am Tauchen
lernen.
Nachts werd ich wach.
Eine Silouette?
ICH SCHREI!!!
Da ist jemand in meiner
Hütte. Flink wie ein Wiesel springt er aus dem Fenster. Ich pack den
Schlafsack um mich und brüll hinterher: „Ashole“
Licht an, Klamotten an.
Fehlt was?
Laptop da, Kamera da,
Bauchtasche...
Wo ist die Bauchtasche?
Lag die nicht neben mir
im Bett?
Ich wühl alles durch.
Keine Chance.
Papiere, Unsummen an
Geld, weil Tauchschule bezahlt werden muss, Kreditkarte und EC Karte.
Scheißdreckhochdreihundert.
Und nu???
Mein erster Gedanke ist,
dass ich weiterpenne und morgen zur Polizei gehe. Was soll ich denn
schon tun?
Gibts hier überhaupt
Polizei?
Wann soll ich das morgen
wie machen?
Und gibt’s dann eine
reelle Chance meine Sachen wieder zu bekommen?
Ein Scheißgedanke.
Wenn es eine Chance gibt,
dann jetzt. - Das „wie“ ergibt sich schon. Hauptsache sofort.
Los!
Ich verriegel die Fester,
schnapp mir mein Taschenmesser – lächerlich, aber weiß der Kukuk
wo mein Pfefferspray ist, wahrscheinlich in der Bauchtasche – und
geh hinterher. Ja ich gehe, ich bummel sogar fast. Der Wichser ist eh
schneller als ich und längst über alle Berge. Und sollte er noch in
der Umgebung sein, warne ich ihn, wenn ich renne und womöglich
schreie. Nein, lässig bummelnd schlendern.Allein das Geld sind hier
zwei Monatseinkommen. Ich zitter und will rennen. Ruuuuhig...
Ah, vier Uhr und noch
Licht in dem Haus. Ob er das ist?
Ich schleiche zum
Fenster. Die Vorhänge sind zugezogen. Sehr verdächtig. Aber man
kann durch die Ritze der Holzverkleidung linsen.
Gottseidank. Ich muss
nicht mein Schweizer Klappmesser vor mich halten, das Haus stürmen
und grollend „Hände hoch“ brüllen. Ein Comuterjunkie zockt.
Weiter geht’s.
Wieder Licht.
Was hier nachts noch
alles so los ist.
Vor dem Haus hockt eine
Frau und sortiert Schuhe. Ha, ich muss lächeln und an Beate denken,
die mit Vorliebe Samstag nachts nach der Party die Treppe putzt.
Aber sie könnte eine
Zeugin sein.
„Excuse me“, spreche
ich sie an.
„Yes, can I help you?“
eine Bierfahne weht mir entgegen.
„Excuse me. Have you
seen a man running down the way, a few minutes ago?“
Sie reißt die Augen auf:
„Yes – but there were two. Why? He was drunken.“
„Oh, I got robbed at
the moment, i just wanna know if the thief could be in this
direction.“
„WHAT? Wait, wait“,
sie reißt die Tür auf und brüllt nach ihrem Mann.
„He had a red T-shirt?“
„Maybe – I dont know,
I was asleep“, aber ich schwöre, in dem Moment hatte der Typ ein
rotes T-Shirt für mich an. Wehe, mir begegnet eins. Dem ramm ich
mein Messer bis zum roten Griff in die Rippen, dass das schweizer
Kreuz über seinem Herzen steckt.
„What happened?“, die
nächste Fahne haut mich aus den FlipFlops. Aber der Kerl hat schon
das Handy am Ohr und wirkt stocknüchtern. Ich erzähl nochmal, aber
währenddessen telefoniert er bereits, als hätte er drahtlose
Verbindung zu allen Kleinkriminellen, zieht sich die Schuhe an und
rennt weiter in Fluchtrichtung. Wir folgen ihm, denn für mich
versprüht er Hoffnung mit seinem Elan und seine Frau bekommt wohl
noch ne spannende Nach geboten.
Später versteh ich die
Aufregung, denn „Never shit the own place“ ist hier ein
ungeschriebenes Gesetzt. Daraus folgt: „Sorge für den guten Ruf im
Dorf!“ und „Denn alles Übel kommt von außerhalb“. Eine
tugendhafte Form von Rassismus im touristischen Microkosmos, der mir
recht ist.
Als wir um die Ecke
biegen stehn dort ein Dutzend junge Leute, die Hälfte davon in roten
T-Shirts. Meine Hoffnung sinkt: Die Belegschaft vom Sunset-Cafe,
Einheitslook rot, lungert noch mit Kumpels rum. Soll ich auf Verdacht
in jedes rote T-Shirt stechen. Lebenslänglich. Wahrscheinlich hat
sich die Frau geirrt.
Hey, aber ihr Mann ist
fit. Er redet und redet, ich versteh gar nichts, die Masse wird
unruhig, alles redet wild durcheinander... war da doch was?
Und auf einmal kommt
Bewegung in den Pulk.
Was geht jetzt ab? Zwei
schießen wie vom Teufel gejagd davon und andere jagen hinterher. Ich
folge nur meinem Instinkt ohne zu wissen, wer hier welche Rolle
spielt. Noch ist jeder für mich potentieller Dieb. Ich renne. Aber
ich bin zu langsam, der Abstand wird zu groß. Kurz bin ich mir
sicher, die Jungs regeln das besser ohne mich, aber es siegt das
Gefühl aktiv mein Eigentum zu sichern. Scheiß auf die Latschen, sie
bleiben an der Treppe stehen, die über den Hügel zur Nachbarbucht
führt und dann leg ich den Turbogang ein. Ich werde schneller, aber
mein Turbo reicht noch lange nicht an den Groundspeed der jungen
Einheimischen ran und als ich mit die Lunge aus dem Hals hechelnd
über den Hügel bin, stehet die Gruppe schon da und diskutiert wild.
Wer zum Teufel ist jetzt
gut und wer ist böse?
In billigen Filmen sieht
man das direkt. Hier nicht.
Die zwei Kerls in
abgewetzten Klamotten? Die hättens nötig. Oder doch eins von den
roten Shirts? Die hat die Frau gesehen. Und war der Einbrecher
vielleicht blond? Das hätte ich getippt. Ich verdächtige erstmal
unsinnig jeden, lass Taschen durchwühlen, frage sinnlos die Flodder
nach dem Grund der Flucht, bis ich merke, dass die kein Englisch
verstehen. Das bringt nichts.
Meine Logik schlägt
Saltos, mein Verstand will jetzt Ergebnisse sehen und mein Gefühl
sagt mir, dass ich so nah dran bin. Aber ich bin nicht in einem
deutschen Gerichtssaal, sondern um fünf Uhr morgends mit Besoffenen
und Kriminellen in einer schummrig beleuchteten Ecke in Malaysia.
Hier müssen Einheimische das Wort in ihrer Sprache führen. Und
derer sind viele da und sie fühlen sich verdammt verpflichtet mir zu
helfen – mehr noch: sie haben Spaß dabei und fühlen sich in ihrem
Heldentum herausgefordert.
Die Hauptverdächtigen
sind schnell die armen Schlucker und das Bild passt immerhin in jeden
Film, der mit gängigen Klischees spielt.
„Police is comming“,
sagt mir einer.
Blitzartig scant mein
Hirn die Erinnerung der Landkarte durch. Hier sind die Buchten nur
mit dem Boot zu und mein Blick gleitet aufs Meer hinaus. Cool, kommt
die Polizei mit dem Speedboat. Kann ich da mitfaren – ich schweife
schon siegessicher ab. Aber – Potzblitz, bei der Flucht sind die
Täter über die Treppe in der Bucht mit dem Hauptort gelandet, und
da gibt’s die einzige Straße der Insel. Siehste Kiki, die regeln
dass für dich. Schutzengel und Einheimische in Teamwork. Hab ich ein
Glück. Dankbar schnorr ich mir eine Kippe: ich bin raus. Typisch
deutsch warte ich jetzt einfach bis die Executive anrückt und alles
regelt.
Malaysia ist anders.
Die Verdächtigen werden
weiter ausgehorcht, fast hab ich Mitleid und ich überlege schon, ob
ich in der Hektik auch richtig im Zimmer gesucht habe. Manchmal
passiert das ja.
Da kommt erneut Bewegung
in den Pulk.
Der eine würgt und
kotzt Richtung Strand -Uaaaahekelhaft- während der andere auf einmal
von der Mauer hochgerissen wird, sich
einige Jungs auf ihn stürzen und ein Paar Schläge in die
Magengegend verteilen. Er würgt auch. Der Kotzende pellt sich in
Begleitung eines Sunset-Kellners aus der Gruppe, der mir strahlend
zuruft: „He was it - he was it.“
Ich reiß die Augen auf.
„We´re going to look
for the bag. Wait“
KLAR warte ich!!!! und
ein Stein, so groß wie der Fels zwischen den zwei Buchten, fällt
mir vom Herzen. „Sie ham´s, sie ham´s“, jubel ich innerlich und
suche nach jemandem, den ich umarmen kann, aber erstens ist da
niemand und zweitens ist die Tasche auch noch nicht da.
Plötzlich wird’s laut,
der eigentliche Täter klemmt hilflos in einer Ecke zwischen Mauer
und abgestelltem Gerümpel und muss Schläge kassieren. Mir wird
mulmig. „Er hats doch jetzt zugegeben, wie positiv...“ murmelt
der Amateur-Sonderpädagoge-Fachgebiet-Mediation in mir. Ich geh
einen Schritt näher. Mein Gesicht muss Bände gesprochen haben, denn
eine Hand legt sich von hinten auf meine Schulter:
„Don´t worry, it´s
ok.“
„No, it´s not ok, they
should stop.“
„Here is Malaysia“
Er hat recht – das ist
auch Teil ihrer Sprache.
„Never piss the own
town – thats an unwritten law here. They are from Bali“, erklärt
er sanft die Art, wie hier das eigene Revier markiert und verteidigt
wird, während der andere auf dem Boden liegt und wimmert, wie ein
frischgeborener Straßenköter, weil er mit Tritten malträtiert
wird. Aha, im Namen der Dorfgemeinschaft wird die Prügelstrafe unter
den Heiligenschein der Ehrenrettung mit gutem Grund und Gewissen
gestellt. Er windet sich die Mauer entlang, aber irgendeiner der
Locals steht immr parat um nochmal handfest klar zu machen, dass hier
im falschen Revier gepisst wurde, und dass er daher wohl für
mindestens jeden Einwohner und obendrauf jeden zahlenden Touristen
Schläge zu kassieren hat. Das entbehrt nicht der Logik.
Als ich kurz darauf einen
erneuten Versuch wage mit beschwichtigenden Worten die sinnlos
gewordene Prügelei zu stoppen – verdammt, so viele Einwohner
gibt’s hier nun wirklich nicht, macht einer der Rächer eine knappe
Handbewegung und die Selbstjustiz stoppt apprubt. Dem Geschundenen
wird sogar aufgeholfen. Aha! Kulturverständigung! Sie sehen meinen
Einwand wohl ein.
Falscher Stolz!
Die Polizi rückt an.
Die sehen zwar aus wie
robuste herzensgute Kinderkrankenpfleger in der Ausbildungsphase,
zumal keiner auch nur eine Uniform oder etwas ähnliches trägt,
machen aber demzutrotz kurzen Prozess: Hosentaschenkontrolle -mein
Geld steckt gebündelt dadrin- Handschellen, abführen. Ohne dass
irgendwer auch nur eine Aussage gemacht hat, oder das ich angsprochen
wurde.
Der Partner kommt zurück
und hat meine Bauchtasche incl Reisepass dabei: Handschellen,
abführen.
Leider fehlt mein
Portemonai mit Maestro und Kreditkarte. Aber die Nacht ist ja noch
nicht zu Ende und ich muss erstmal mit auf die Wache, nicht ohne den
freundlichen Beamten darauf hinzuweisen, dass ich schuhlos bin und
somit gerne auch einen Rücktransport gewährleistet hätte. Gebongt!
Das würds in Deutschland nicht geben.
Ich danke den Beteiligten
überschwenglich für die bilderbuchreife Aufklärungsarbeit -sie
waren wirklich Gold wert- und steige auf den Beifahrersitz, während
die Kriminellen hinter Gittern auf der Ladefläche bewacht werden.
Das Happy End rückt näher.
Auf der Wache dauert
alles sehr lange, obwohl eigentlich nichts passiert.
Für mich nicht.
Die Wache ist in einem
neuen Gebäude, was fast gemütlich wirkt. Auch das Erste was einem
beim Betreten des Raumes auffällt, ist die alternde Sofagarnitur
rechts und links der Tür mit einem Teppich dazwischen. Kaffee und
Kuchen hätten mich wie bei Großmutter fühlen lassen. Ah, gegenüber
steht ein Schreibtisch, der dem ganzen einen ofiziellen Touch gibt.
Ich soll auf dem unbequemen Stuhl am Schreibtisch platznehmen, wähend
die Täter nebeneinander in Handschellen auf dem Dreier flätzen
dürfen. Was ist das denn? Ich bin auch müde, es ist schließlich
mitlerweile halb sechs .
Da kommt der Polizeichef.
Dick, gemütlich, lässig und mit einem Schnäuzer, aber mit ernstem
Gesicht. Zack. Jetzt wird aufgtanden, wie Schüler unsere beim
Morgengruß. Er gibt mir die Hand. Ich darf sitzenbleiben. Die Bösen
nicht.
Es ist erbärmlich und
fast erniedrigend, dass die Taschen hier auf dem Boden vor allen
ausgepckt werden. Erst jetzt merke ich, dass die Hose des Hauptdiebes
nur noch an wenigen Stellen zusammenhält und total verdreckt ist.
Man kann ihm im Schritt bis auf seine gelbe Unterhose und noch weiter
blicken. Auch das T-Shirt hängt nur halbherzig über seinen
Schultern, aber das muss er eh ausziehen und der harte aber schmale
und lieblos tätowierte Oberkörper wird frei. Den Gürtel muss er
auch schonmal ablegen, und nicht nur seine Hose sackt jetzt noch
tiefer. Dass in dem Moment aber noch eine reizvolle Damenunterhose in
mintgrüner Spitze mit zwei Fingern aus seinem Gepäck gezogen wird,
über die lauthals gelacht wird, setzt dem Ganzen die Krone auf. LOL
geht innerlich bei mir ab, denn herrliche Comedyszenen flitzen durch
meine Visionen, trotzdem steigt Mitleid in mir hoch, denn
gleichzeitig denke ich an manche Schüler, die mit Sicherheit ähnlich
enden werden. Und keiner fragt je nach der Freiwilligkeit des
Lebensweges .
In seiner Tasche befinden
sich gefühlte dreißig Feuerzeuge und Unmengen an
Zigarettenpackungen. Meine übrigends auch, die ich mir sofort unter
den Nagel reiße. Das ist nur fair, so wird das Schauspiel etwas
ertäglicher für mich, aweil ich mir Dayly-Soap-Athmosphäre
verschaffe.
Ansonsten scheint er noch
genau ein T-Shirt und mehrere Deoroller zu besitzen. Ansonsten nix.
Vor meinen Augen seh ich mich meinen Rucksack schleppen und von
Ladekabel, bis Drittobjektiv, von Teebaumöl bis Shirts für alle
Klimazonen. Ich denk an das Zimmer, was ich möbliert vermietet habe
und den Keller, der voll mit Hausrat steht. Was man alles so für
lebennotwendig erachtet. Und der hier?
Aber in dem Moment erregt
etwas anderes die Aufmerksamkeit der Obrigkeit: drei Handys und eine
Kamera. Hoppla: Menschen, die nur ein Tshirt besitzen, haben nicht
zwei Handys.
Und noch etwas wird in
einer leeren Zigarettenpackung gefunden: Heroinbesteck -und die
Lässigkeit der Beamten verschwindet schlagartig. Der unschuldigere
Kumpel wird gepackt und weggebracht. Erst als sie zurückkommen
verstehe ich, dass die eine Hausdurchsuchung gemacht haben, denn da
ist einiges im Handgepäck: Laptop, Tauchuhren, Microsoundanlage,
eine kostspielige Angel. Außerdem kommen noch zwei Männer mit.
Einer mit BMW-Racing-Shirt, was mich stutzig macht. Der wirkt reich.
Und jetzt geht’s
schnell.
Beide müssen vor dem
Sofa stehen. Der erste wird angebrüllt, während sein Blick nicht
mehr dem eines beim Rauchen erwischten Schülers auf der Klassenfahrt
gleicht, sondern dem eines bei der Abschlussprüfung beim Pfuschen
erwischten. Zukunftsangst. Und das muss er jetzt auch wohl haben.
Fragen werden ohne
Lächeln gestellt.
Auf eine ansatzweise
läppische Antwort gibt’s eine schallende Ohrfeige vom Polizisten.
Hoppla, wunder ich mich, aber schon rasseln die nächsten Schläge in
sein Gesicht.
„Nyanyi“, ich versteh
das nicht. Der Angesprochene wohl schon, denn er schaut ungläubig
auf.
„Nyanyi“, wird
befehlend wiederholt und die nächste Ohrfeige scheppert durch die
Stille.
Und ich verstehe, denn er
fängt leise an zu singen, während er zu Boden schaut und die Cops
weiter jedes Detail durchwühlen.
„Nyanyi“, wird
gebrüllt und bevor die nächsten Schläge rasseln, drückt er die
Repeattaste für die Endlosschleife.
Ich schau auf die Uhr.
Halb sieben. Ich sitzt nur blöd rum und bin totmüde. Leute, eine
Unterschrift und ab ins Bett. Mir wird langweilig. Ich hatte meinen
Film und ab jetzt läuft nur noch Abspann. Aber die Cops suhlen sich
in ihrem Erfolg. Viel scheint hier sonst nicht zu tun zu sein.
Endlich darf er aufhören
und wird in die Zelle gesperrt. Mir gegenüber am Ende des Ganges. Er
sitzt im Neonlicht auf dem Boden, direkt vor der Eisentür. Soll ich
ihn beobachten, oder ist die Zelle so klein, das er nicht um die Ecke
sitzen kann? Er schnippt ein paar Kakerlaken weg, sinkt langsam
zusammen und rollt sich endlich auf dem Boden ein. Kein Wasser, keine
Decke, noch nicht mal sein T-Shirt.
Aufwachen... spricht da
jemand mir mir? Warum zum Teufel nuschelt er so? Gebiss vergessen?
Jeden Satz muss er für mich wiederholen. Ah, jetzt kommts, es geht
wirkich um mich:
Ich hab zwei
Möglichkeiten, Anzeige zu machen (KLAR!!!), dann muss ich in ein
zwei Monaten in KL vor dem Gericht erscheinen, um Aussage zu machen
(NIE!!!), oder ich gehe einfach, weil ich alles zurückbekommen habe
und dann bin ich frei.
Cool, aber was ist mit
meinen Kreditkarten?
Die soll ich einfach
sperren. Aber die Kreditinstitute wollen meist ne Anzeige (dann muss
ich doch nach KL?)
Und was ist überhaupt
mit den Verbrechern, sind die morgen auf freiem Fuß, wenn ich keine
Anzeige mach?
„Nonono, we found stuff
to take drugs. There will be a test, that takes minimun two weeks.
Come on, we go.“
„Go? No report, no
signature?“
„No need“
Der Fahrer steht auf,
lächelt und fährt mich ans Ende der Bucht. Dafür bin ich also
mitgenommen worden? Naja, immerhin erklärt mir der nette Bulle noch,
dass die zwei andern Männer auch Geschädigte waren, unter anderem
der Chef der Jetty, der Arbeitgber der Diebe, die erst vor zwei Tagen
bei ihm angefangen haben. Wahrscheinlich macht der Anzeige.
Eigentlich könnte jetzt
hier Ende sein. Ist es aber nicht.
Ich ärger mich, dass
meine teuren Flipsflops aus Neuseeland weg sind, als ich über den
Hügel bin- aber das ist jetzte das geringste Übel -, geh zu meiner
Hütte, um die Wertsachen weg zu bringen, schnapp mir mein Handy,
meine einzige noch nicht verlorene Taschenlampe und versuche damit
die Felsen am Hügel nach meinem Portemonai abzusuchen. Dort haben
sie es wohl weggeschmissen. Keine Chance. Die Lampe ist zu schwach.
Und ohne Schuhe ist kaum ein Klettern möglich. Ich brauch drigend
eine Lampe, denn wenn die Flut kommt, hab ich keine Schnitte mehr,
und in dem Moment, werd ich von der Seite angerufen:
„You got everything?“
- Der gute Helfer ist immer noch wach. Klar erklärt er, die Polizei
war ja auch andauernd hier.
„What are you doing
here?“
„I try to find my
moneycase. But my torch is not strong enough.“
„And why dont you wear
shoes?“
„They were gone, when I
came back, someone took them I guess.“
„Wait.“
Und er weckt seine
Mutter, reicht mir eine Lampe und meint nur: „You climb the rock, I
look at the beach.“ Engel können Bierfahnen haben, weiß ich in
dem Moment.
Ich kraxel barfuß über
die Felsen und das Laub, die Lampe ist gut, aber ich finde nichts, da
brüllt es: „You miss a red lighter?“
Ich renne zu ihm. ´Wo
mein Feuerzeug, da meine Kreditkarte´ lautet mein persönliches
Gesetz.
Es stimmt. Seine Frau und
er stehen am Beach und halten nicht nur mein Feuerzeug, sondern auch
mein Portemomai in der Hand, mit allen Karten und alle Adresszettel
und Flugnummern und einem Kilo Sand.
Und jetzt hab ich
jemanden, den ich um den Hals fallen kann. Und das tu ich auch.
Schlaf gibt’s keinen
mehr an dem Morgen. Aber die Story ist immer noch nicht zu Ende.
Mittgs treffe ich Colin
und erzähl ihm von meinr Nacht, weil er mich schuhlos von Schatten
zu Schatten über den heißen Weg rennen sieht. Abends schenkt er mir
vor dem Essen gehen seine alten FlipFlops, die zwar Größe 45 haben,
aber er fliegt morgen heim und braucht sie nicht mehr.
Essen gehen wir auf
meinen Wunsch hin alle zusammen in dem Laden, gegenüber von dem
Paar, was meine helfenden Engel in der Nacht waren. Ich möchte ihnen
die obligtorischen zehn Prozent Finderlohngeben. Die könnn das
bestimmt gebrauchen, bei dem Bierkonsum.
Ich klopf an deren Tür,
er öffnet und bevor ich etwas sagen kann dreht er sich um, hält
meine Schuhe in der Hand und fragt lächelnd: „You still look for
your shoes?“
Ich fass es nicht: „No,
I mean yes, but actually I´m here to say thank you.“
Er hört gar nicht zu und
erklärt, dass er die auch noch gefunden habe.
Jetzt fall ich ihm
nochmal um den Hals.
Ich drück ihm das Geld
in die Hand, erkläre, dass ich sauer bin, wenn er es nicht nimmt,
allein die Schuhe haben doppelt so viel gekostet, wie diese hundert
Ringits – das sag ich nicht laut – und kehre zu meinen Freunden
mit diesen Neuigkeiten zurück.
Der Jubel ist riesig.
Nicht nur bei mir.