naja fast - das ist über dubai |
Neuseeland klatscht mir
seine potenzierte Spießbürgerlichkeit mitten in die Fresse.
Das fängt schon auf dem
Flughafen in Singapore bei einem Zwangszwischenstopp an.
„Smoking not allowed“
„Pardon“, ich
verstehe nicht, denn ich stehe draußen vor dem Gebäude.
„Smoking only at door
one and eight.“
Ich schau mich um und
entdecke mit Rauchverbotschildern gepflastere Wände und ein
Hinweisschild, dass ich vor Eingang vier stehe. Also schiebe ich
meinen Gepäckwagen und meine schlechte Laune drei Eingänge weiter,
wo ich mich mit anderen armseligen Gestalten der Unterschicht um den
einzigen Aschenbecher formatiere. Nach vierundzwanzig Stunden auf
Flughäfen, einem verpassten Flug und dann dem doppelten Preis für
den Anschluss eine unwürdige Angelegenheit. In Auckland wird das
noch schlimmer. Hier empfangen mich Warnschilder, dass die Einfuhr
von Obst und Gemüse mit bis zu vierhundert Dollar Strafe geahndet
wird -ich schmeiße meine letzten Orangen schweren Herzens in die
dafür vorgesehenen Eimer. Weiterhin müssen sogar getrocknete
Lebensmittel deklariert werden und ein Verstoß wird mindestens mit
derselben Buße geahndet. Ich habe Masala und Himalayasalz als
Mitbringsel im Gepäck, deklariere natürlich nicht, sonst ziehen sie
es womöglich ein und schwitze pures Adrenalin am Zoll. Ich
beschließe beim nächsten Mal Kokain statt Himalayasalz zu
schmuggeln, dann lohnt sich der Nervenaufwand wenigstens, den ich
hier dank dreihundert Gramm heilender Geschenke durchstehe. Ich hab
mir sagen lassen, dass Koks um die zehntausend Dollar pro Gramm
bringt, was den Schweiß auf meiner Stirn und das Gefühl ein
Schwerverbrecher zu sein, rechtfertigen würde. Zudem werden mein
Zelt und meine Wanderschuhe biosphärisch untersucht, und während
ich zwanzig Minuten auf mein Zelt warte, darf auch null komma
nirendwo geraucht werden, weil „you´re breathing fresh air“
erklären mir die Schilder draußen und ich ignoriere sie, weil
kerosingeschwängerte Luft durch eine Zigarette nicht an Wert
verliert.
Oh Mann – mir reichts
schon fast.
mit conny beim segeln |
Conny hat tapfer
vor dem Airport auf mich gewartet, sie kennt das
Prozedere schon und nach eineinhalb Stunden cruisen wir endlich durch
Vororte, die mich stark an die Gewerbegebiete von Köln Pesch
erinnern. Auf den bügelglatt geteerten Straßen liegt kein
Kaugummipapierchen, kein weggeschnipptes Kippchen kein Rotzfleck, der
Rasen der Vorgärten hat messerscharfe Kanten und die schnuckeligen
sauberen Häuschen haben nie mehr als eine Etage. Kulturschock und ich bin kurz vorm
kotzen. Gut dass eine Freundin neben mir sitzt und erklärt, das das
alles normal ist.
Normal?
Noch - der Eindruck ist nur eine Stunde alt - kann ich dem
Land nichts abgewinnen, was mich beeindruckt. Es ist wie zuhause, nur geordneter. Aber warten wir mal ab. Und.... es kommt schneller als ich denke: Conny zaubert
nachts um zwei ein eiskaltes Becks aus ihrem Kühlschrank. Ich bin beeindruckt.
Nach fünf Tagen bei
Conny´s Familie, erholsam, allein wegen dem Jetlag und der sauberen gepflegten
Umgebung, schwing ich mich in den Sattel meines neuen Mietautos und freu
mich zum ersten Mal dass die Mororradpreise so hoch sind, denn es
regnet den ganzen Morgen. Der Kofferraum ist gefüllt mit
Lebensmitteln für zweihundert Dollar. Ich kann alles wahllos
reinschmeißen, was ich auch tue, denn ich muss die Vorteile eines
Autos potentiert nutzen, damit ich mich mit meinem neuen Fahrzeug
anfreunden kann. Mantramäßig maniulier ich mich selbst eifrig mit
Gedanken: „Toll toll toll, ein Auto zu haben“, werfe die Klappe
zu, steige ein und fahr los.
Ach nee - andere Seite.
Ob ich mich daran gewöhne? Fünf Monate bin ich jetzt problemlos mit
dem Motorrad links unterwegs gewesen, aber das Auto macht mich
fertig. Beim Blinken setz ich grundsätzlich den Scheibenwischer in
Gang und wenn ich gedankenlos schalten möchte, knall ich die rechte
Hand gegen die Scheibe. Immer wieder erwisch ich mich beim
Blickkontakt mit dem aufgezeichneten Gangschaubild auf dem Knüppel,
weil ich die Gänge auch spiegelverkehrt erwarte und immer wieder
rüttelt mich das Rappeln der linken Fahrbahnmarkierung aus der
Illusion, dass ich jetzt alles im Griff hab.
mein vehikel schleppt alles und ist überall schlafplatz |
„Fahranfänger“,
schimpf ich mich zurecht und trau mich kaum über hundert zu fahren
oder die Überholspur zu nutzen. Das muss sich ändern, das bin nicht
ich.
AAAArg – , vor mir
platzt ein Reifen, ich such die Lücke links, denn ich bin doch auf
der Überholspur gelandet, die Scheibenwischer arbeiten im Turbogang,
„scheiße - wieder falscher Hebel“, aber wer braucht schon
Blinker. Die Scheißkarre zieht im fünften nicht spontan, also
runterschaten... „Autsch“, ich hau wieder hektisch die rechte
Hand gegen die Scheibe, weil ich den vierten Gang suche. F***, aber
wer muss schon runterschalten?
Zäh quäle ich mich an
dem Pferdetransporter mit floddernden Reifen vorbei. Hier aber wird
nicht gedrängelt, hier ist Platz, hier sind die Menschen
rücksichtsvoll im Verkehr. Und wenn eine hilflose Frau am Steuer mit
wedelnden Scheibenwischern im Schneckentempo auf der falschen Seite
einen Wagen mit geplatzen Reifen überholt...., dann lassen wir sie
einfach. „No worries.“
Durchatmen.
Ich bin angespannt,
genervt und kann hier noch nichts genießen.
Die Landschaft sieht aus
wie die das Bergische Land, die Straßen sind leer, gut ausgebaut,
perfekt beschildert, Rastplätze und MacDonalds alle paar Kilometer.
Keiner hupt, nimmt einem die Vorfahrt, drängelt oder bleibt liegen.
Keine Kühe, Menschen, Pferdekarren, Mopeds, kein Dieselgestank,
keine Ausweichmanüver und kein hektisches GEHUPE. Es ist stinkend
langweilig.
Ich hab mich in dem
Hexenkessel Indien nach dieser Ordnung gesehnt und jetzt ödet mich
das Land hier an. Ich will zurück.
Aber es ist nicht das
Problem des reibungslos funktionierendenden Verkehrs. Dieser ist in
dem Moment nur stellvertretend für ein riesiges Defizit des Landes,
was ich nicht sehe.
Die Kultur.
auckland: kultur an jeder ecke ... |
Wo ist die eigene Kultur
des Landes?
... sogar richtig alte zwischen moderner architektur |
Ich freu mich heut abend
bei einem Couchsurfinggastgeber zu übernchten, der ein Maori ist und
hoffe eine Antwort auf die Frage zu bekommen.
Vorher lade ich aber
einen Tramper ein, der mir auch nichts näher bringt, als einen
schönen Wald, den Reed-wood-forest, in dem eine Runde spazieren
will, während ich auf Nachricht meines maorischen Kulturfinders
warte. Na prima. Auch die Bäume sind nur ein Import aus Canada
erklärt mir eine Schautafel. Um Glück fängt es auch noch an zu
schütten, nochnichtmal der Sommer ist hier echt. Dafür gibt’s
Toiletten, hunderte von Wanderwegn, Mountainbikestrecken, Reitwege
und aberhunderte von Hinweisschildern, wer wem Vorfahrt zu gewähren
hat, wo Müll hinkommt, dass man die Weg nicht verlassen darf,
welcher Baum woher kommt und in wessen Gedenken er gepflanzt wurde.
Und wieder der unübersehbare Hinweis: „Youre breathing fresh air –
please don´t smoke“, der Wald ist übersäht mit diesen Schildern,
dass man Angst hat, sich als Raucher zu outen.
Ich bin reizüberflutet.
Und gereizt.
Ich ziehe trotz Regen los
und suche latent einen Zeltplatz, man weiß nie, was kommt oder was
nicht kommt. Und er kommt nicht - der Rückruf von meinem Host.
Meine Kulturrettung
verlässt mich. Hier geht alles schief.
Und ich bin sauer. Sollte
er doch meinen Eindruck der seelenlosen Menschen des kulturlosen
Landes retten und mich aus dem Sumpf der Ignoranz ziehen.
traumhafter zeltplatz zehn tage später - geht doch |
Mir bleibt nichts übrig,
als im Auto zu übernachten, denn es wird schon dunkel.
Jetzt muss eine
Wutentladung per sms an meinen Liebsten her. Und ein Glas Wein. Und
eine Kippe.
Da rollen Scheinwerfer
an.
Jetzt noch? Mir schwant
Fürchterliches.
Sie halten direkt neben
mir. Leuchten ins Wageninnere. Ich lass das Fenster runter.
„We close now. Please
leave the ground.“ Was knallt mir mehr ins Gesicht, der Regen durch
die runtergelassene Scheibe, oder die Worte des Rangers.
„Close??? The forrest?“
, mein Gehirn versteht das nicht.
„Oh yes thanks“, mein
Sprachzentrum reagiert weitaus besser.
„Fuck Newzealand!!!“,
mein Gefühl gipfelt im Orgasmus der Bestätigung. Ich erinner mich,
dass ich gelesen hab, dass der bekannteste Wanderweg nur in einer
Richtung begangen werden kann und mit vorheriger Anmeldung bei den
Übernachtungsstationen.
regen-urwald... herrlich |
Mag mich das Land nicht?
Ich mag das Land jedenfall noch nicht. Bis jetzt scheint jedenfalls alles drauf hinauszulaufen.
Aber auch Ranger haben
mal Feierabend und nachdem ich eine Alibirunde durch die Gegend
gedreht habe, stell ich mich auf die Wiese vor die Schranke und
gewöhn mich schon mal an das Schlafen auf Beifahrersitzen.
Ich träume von Verboten,
Reglementierungen, schlechtem Wetter...
Wie soll das nur weitergehen?
Irgendwie nuss ich meinen Blick bereinigen.
Wie soll das nur weitergehen?
Irgendwie nuss ich meinen Blick bereinigen.
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