Dienstag, 7. Mai 2013

TemplgedönS 3 rain

Leuchtend grüne Reisfelder, soweit das Auge reicht, kleine Bambushütten dazwischen, Ställe mit Nutzvieh wie Esel oder Kühen und vereinzelte Kokosnusspalmen. Der Blick verzaubert mich morgends, als ich zwischen einzenen Yogaübungen einen meinen zuckersüßen Kaffee schlürfe. Ein Ort des Friedens. Das schreit sozusagen nach Durchstreifen und Eintauche in diese Idylle.
Zackzack ein Frühstück und los, denn der Regen kommt früh genug – ich rechne um drei Uhr mit ihm – das Ergebnis einer Amateur-Meteorolgie-Mischkalkulation aus sieben Tage Bali, der noch leicht zuckenden Hoffnung und realistischem Blick gen Himmel.
Erste Wolken ziehen auf, verdammt sind die schnell heute. Ich berechne neu ob ich die Runde schaffe, wieviel Zeit ich am Tempel oder am Wasserfall hab, aber dann reicht es mir - komme was wolle, es kommt sowieso anders.
 


Also auf mit guter Laune zum Wasserfall, um ohne Kleidung ein freiwilliges Bad zu nehmen bevor die unfreiwillige Dusche von oben über die Kleidung ergießt.
Aber schon ein Stündchen später am verwunschnen Tempel im Wald - ich hab noch nicht alle Tempeldetails im Herzen und auf Digital aufgenommen beginnen die erste Tropfen zu fallen.
Mist, völlige Fehlkalkulation; an der Börse hätte ich jetzt einen Crash verursacht.
Ich muss umdenken: Wenn ich zurückgehe, häng ich in dem dumpfen Zimmer ab oder muss Billiard mit Locals spielen und Bier trinken.
 


Wenn ich hier abwarte könnte ich... Hmmm... Mmmm... Mmmed??... Meditation???... Meditation!!!
Warum nicht? Ich bin ja jetzt geübt...
Vorvorgestern hab ich energetischen Austausch und Chakraöffnung mit heiligen Steinen erfahren, so dass ich nach drei Stunden Erstbehandlung mir tatsächlich eingebildet habe spirituelle Energie zu spüren. Erschöpft musste ich anschließend erstmal ein Bier trinken – aber das Gefühl war da.
Vorgestern hab ich mit Madi nach allen Regeln der Meditation in einem moosüberwachsenen Tempel in Reisfeldern bei Ubud Gedanken verschwinden lassen und hab es imerhin einige Minurten geschafft im Duft von Räucherstäbchen, vor einem Blumenschälchen sitzend und in Anwesenheit Shivas die Welt um mich vergessen zu können.
Gestern hab ich immerhin eine Stunde meditativ vor einem Kaffee gesessen, ruhig und gelassen den Regentropfen zugeschaut und alle fluchenden Gedanken über das Scheißwetter und dass ich mit dem Moped unteregs bin erleuchtet beiseite geschoben.
Ja, ich bin bestens präpariert.
Einen Sarong hab ich schon verpasst bekommen, die Gebetsecke ist sinnvoll gegen Regen geschützt, kein Schwein außer dem aufsichtstragenden Mönch ist hier draußen und nach einer Donation bekomme ich auch ein paar Räucherstäbchen gespendet.
Ich verstreue den Duft in der Luft, wie ich abgeguckt habe, versuche mich an Körperhaltung und notwendigen visuelle Vorstellungen zu erinnern, nehme Energie von Vater Natur und Mutter Erde auf – oder war das etwa andersrum, und nehme dann aus dem Augenwinkel wahr, dass der Mönch sich in der gleichen Haltung neben mich gesetzt hat
Hoppla? Gibt der mir jetzt Nachhilfe oder Energie?
Egal. Ich schließe die Augen und die Finger und versuche die Energie zu spüren. Ich hör nur Regen. Scheißdreck, wie komm ich jetzt trocken nach Hause ...
Stopp: Konzentration auf den Punkt zwischen den Augen.
Ruhe kehrt ein. Der Regen prasselt monoton, Stille, Regen??? Der Kackweg war eben schon so rutschig, da wird wieder alles dreckig, was frisch aus der Laundary...
Stoopp: Konzentration auf den Punkt zwischen den Augen.
Ruhe, Frieden, Wärme, wie die Reisfelder in der Morgensonne, so ist es in mir... Morgensonne und Mittagregen. Ha!! Gestern hat es auch mittags begonnen zu regnen und mir geistert das Bild der hübschen lachenden Mädels unter dem Regenschirm durch den Kopf, knöcheltief im reißenden Strom der Straßenflusses, während ich in dem Wellblechwharung vor dem Kaffee auf Sonne gewartet hab – ich muss schmunzeln...
Stoooopp: Konzentration auf den Punkt zwischen den Augen.
Ich höre auf den Atem, das soll helfen... neinstoppstoppstopp, Dewa hat gesagt das soll man nicht, dann ist das Gehör aktiv und das lenkt ab. Und wer so zielgenau meine Chakren mit bunten Steinen gepflastert hat, der muss Recht haben. Stimmt, deshalb irritiert mich auch das Geräusch des Regens immer wieder. Regen – den Mist hab ich in Deutschland genug - „what the f´ck´nghell am I doing here?“
Stooohooopp -hierwirdnichtgeflucht: Konzentration auf den Punkt zwischen den Augen.
Ich sehe den hellen Punkt, er vibriert und ich werde ruhig, leise murmelt der Regen mich in Trance... Regen??? Ich wollte noch auf den Berg und an dieses Kratersee und dann gibts da noch dieses Dorf...“
Stooohooopp : Konzentration auf den Punkt zwischen den Augen.
Scheißbali, ich muss einfach fluchen. Kacke. Und diese Meditation klappt auch nicht. Was tu ich hier eigentlich? Was nutzen die netten Leute, wenn es täglich regnet und man nichts unternehmen kann? Ich muss weg! Morgen: Nix Berg, nix See, nix traditionelles Dorf. Morgen hau ich ab. Ende.
Stopp: Konzentration auf den Punkt zwischen den Augen.
Was ist das??? Ich werde wirklich ruhig. Mein Geist bleibt an dem Punkt zwischen den Augen hängen. Kein Tropfen stört mich mehr, denn ich weiß ja jetzt, dass ich gehe. Frieden breitet sich aus, ich denke nichts mehr für einen Moment. Und für noch einem Moment. Dann öffne ich langsam die Augen, lächel und danke noch einmal Himmel und Erde, wer auch immer hier Herr der Elemente ist, meine Meditation ist perfekt.
Ich schau mich um und auch der Mönch ist fertig. Ohne Worte zünden wir uns beide eine Zigarette an und beginnen langsam zu quatschen.
Es schüttet aus Eimern.
Ich warte einfach, denn jetzt bin ich ja ruhig.
Eine Stunde Regen vergeht, während wir über Gott und die Welt reden.
Noch eine Stunde Regen vergeht, während wir hungrig die Opfergaben der Gläubigen auffuttern – lecker, Äpfel und Zuckerreis, anschließend gibt’s ein Nickerchen, wo wir eben noch mededitiert haben. Hach ist das Leben hier einfach. Ich liebe diese balinesische Gelassenheit in den Tempeln.
Eine weitere Stunde Regen vergeht und er läd mich in seine Hütte zum Kaffee ein, wo seine lustige tätowierte Freundin mit ihrer Mutter wartet.
Eine weiter Stunde Regen verbringen wir mit unsinnigen Geschichten aus dem Leben und dann, dann wird der Regen endlich weniger.
Praktisch, denn es ist fünf Uhr und der Tempel wird geschlossen.
 

...und was für welche


Ich wander gelassen durch den Regen, spiele doch noch Billiard mit Einheimischen, verliere lässig haushoch und trinke entspannt Bier. Der Regen hört nicht auf – aber ich scheiß gelassen drauf. Ich weiß, dass morgen früh die Sonne scheint, dann heißt es Kaffee trinken, Pferdchen satteln und tschüss. Moped abgeben, Bus und Fähre und weg. Lombok hat auch schöne Berge...

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